Film „Iuventa – Seenotrettung, ein Akt der Menschlichkeit“ vor 150 Zuschauer*innen

Film „Iuventa – Seenotrettung, ein Akt der Menschlichkeit“ bewegte 150 Zuschauer*innen

Von Jo Achim Geschke |

Patrick Schiffer, F WiD, Anna Barcz (, Jugend Rettet Medical Team), Klaudia Zepuntke Bürgermeisterin (SPD), Uwe Marquardt FWiD, Abdilrashid Hussein, Geflüchteter, (Fotos, Collage Jo Geschke)

Der junge Schwarze steht an der Reling des Kutters „Iuventa“. Er war zum ersten Mal auf dem Meer. „Kannst Du schwimmen“, wird er gefragt. „Nein.“ Wie war es auf dem Schlauchboot? „Es war schrecklich“, alles Chaos, sagt der 14-Jährige Geflüchtete, noch immer geschockt. 17.000 Menschen sind im Mittelmeer seit 2014 ertrunken – Kinder, Säuglinge, schwangere Frauen ebenso wie Jugendliche, Mütter und Familienväter. Aber allein 14.000 Menschen haben junge Freiwillige aus Seenot und vor dem Ertrinken von 2016 bis 2017 gerettet, Kinder, Mütter mit Babys, Geflüchtete. Der Film „Iuventa – Seenotrettung, ein Akt der Menschlichkeit“ zeigt die Rettung auf dem Mittelmeer mit dem umgebauten Fischkutter „Iuventa“. Und wie der Kutter der NGO an die Kette gelegt wird. Es lässt die 150 Zuschauer*innen im Kino „Metropol“ teils traurig, teils wütend, immer aber erschüttert und bewegt am Abend aus dem Kino gehen.

Regisseur und Dokumentarfilmer Michele Cinque zeigt nicht die tränenreichen Klischees. Er zeigt immer nur kurz die Mutter, die mit ihrem Baby im Arm auf dem Stahlboden des Schiffs eingeschlafen ist. Die jungen Frauen mit den Salzkristallen auf Gesicht und Händen, die Haut auf Händen und Armen, die von der aggressiven Mischung von Salzwasser und Benzin verätzt ist, weil der Sprit aus dem Außenborder lief. Die Schreie der Menschen in einem völlig überfüllten Schlauchboot, von dem manche verzweifelt ins Wasser springen, mit Todesangst.

Kurze Filmszenen lassen ahnen, welche Belastung die Retter aushalten: Da reanimieren sie einen Menschen auf dem Boden des Kutters. Da umarmen sie Geflüchtete nach der Rettung. Nur ein Mal ist der junge Kapitän des 35-Meter-Schiffes zu sehen, wie er ruhig über Funk meldet: „Wir haben zwei Tote“.

„Es ist so groß, Mann,“ sagt ein 15-Jähriger und starrt aufs leere Mittelmeer. Die Retter der „Iuventa“ hatten zuvor mit ihrem festen motorisierten Boot ein wackeliges Schlauchboot erreicht, rund 120 Menschen darauf, ohne Schwimmwesten. Sechs Flüchtlingsboote waren da gerade gesichtet worden.

Der ehemalige Fischkutter, den der rund ein Jahr zuvor gegründete Verein „Jugend rettet“ mit Spenden gekauft und ausgerüstet hat, kann theoretisch 250 Menschen an Bord aufnehmen. Der Kutter ist voll. Nachdem die Geretteten an die italienisch Küstenwache übergeben wurde, bleiben an Bord die Decken, die leeren Wasserflaschen, und die Retter*innen, die das alles verarbeiten müssen.

Es sind teils Laien, die erstmals zur See gefahren sind, und lernen müssen, wie sie mit einem Marine-Fernglas umgehen, um die flachen Schlauchboote in der See zu entdecken.

Filmer Cinque hat die Crew der Ehrenamtlichen ein Jahr begleitet. Er zeigt, wie die Retter*innen das Lager Mineo auf Sizilien besuchen, in dem die Geflüchteten und Geretteten nach sechs Monaten noch immer untergebracht sind. Er zeigt auch, wie schließlich der Kutter in Lampedusa mit fadenscheinigen Argumenten an die Kette gelegt wird. „Die haben bei der Beschlagnahmung den Motor geschrottet“, berichtet Anna Barcz vom Medical Team „Jugend rettet e.V.“ im Kino nach dem Film. Das Schiff ist nicht mehr einsatzbereit. Der Gerichtsprozess steht noch aus.

Als der Geflüchtete Abdilrashid Hussein mit seinem Betreuer Uwe Marquardt nach dem Film vor die Leinwand tritt, wird es sehr still im Saal. Hussein ist vor vier Jahren aus dem Bürgerkriegsland Somalia geflohen. Uwe Marquardt, der ihn bei „Flüchtlinge willkommen in Düsseldorf“ ( FWiD) betreute, interviewt ihn kurz. Der 24-Jährige kann zeitweise nicht mehr sprechen. Er ist über Niger, Libyen, übers Mittelmeer nach Italien und schließlich nach Deutschland geflüchtet. Auf dem Boot, das wird klar, war es schrecklich. Aber die Wüste auf dem Weg ans Meer, sagt er, war 100 Mal schlimmer. Ein Liter Wasser am Tag, ein Brot, und mehr als 45 Grad Hitze…

Der Abend, von Patrick Schiffer (FWiD) und Anna Barcz moderiert, begann begann vor 150 Zuschauer*innen, darunter Miriam Koch (Amt für Integration) und Ratsfrau Paula Elsholz (Grüne), mit einem Grußwort von Bürgermeisterin Klaudia Zepuntke (SPD). Sie erinnerte an die Initiative von Düsseldorfs OB Thomas Geisel, der zunächst mit Bonn und Köln an Kanzlerin Merkel schrieb, dass diese Städte die Geflüchteten aus dem Mittelmeer aufnehmen wollen. Und sein Statement zur Seenotrettung, „Humanität ist nicht verhandelbar.“ Inzwischen haben sich mehrere Städte wie Freiburg, Potsdam, Krefeld dem Aufruf und der Aktion geschlossen.

Das gibt ein wenig Hoffnung, ebenso wie das Engagement von Tausenden Ehrenamtlichen, die Geflüchteten in Düsseldorf bei der Integration helfen.

Und auch die Aktionen zu #Seebrücke, Schafft sichere Häfen, werden weitergehen.

(Autor Jo Achim Geschke)

Der Film „Iuventa – Seenotrettung, ein Akt der Menschlichkeit“ läuft im Metropol, Brunnenstraße 20, noch heute und Morgen ab 14:45 h.

Ein Video über den Protest in Düsseldorf unter #Seebrücke, sichere Häfen, hat NDOZ.de in Facebook vergangenen Sonntag veröffentlicht. ( www.facebook.com/neue.duesseldorfer.online.zeitung/videos/899661903555438/ )

Zum Film:

www.iuventa-film.de/