Düsseldorf Kultur | Alex & Stefan on tour: "My Land" - Recirquel beim Düsseldorf Festival. Solidarität für ein Land im Krieg.

Eine bewegende Erzählung in Form von waghalsiger Akrobatik, zeitgenössischem Tanz und Musik

Von Alexandra Scholz-Marcovich |

"My Land" - Recirquel - Düsseldorf Festival! / Foto: Stefan Scholz

"My Land" - Recirquel - Düsseldorf Festival! / Foto: Stefan Scholz

Letztes Wochenende präsentierte das Düsseldorf Festival "My Land", eine "Zirkus-Tanz-Show" von Bence Vági und dem Ensemble Recirquel. Eine Geschichte von Liebe, Freiheit und einem Drama, das sich zwischen Licht und Schatten abspielt. In einer perfekten Choreografie vereinen sieben junge ukrainische Künstler Kunstfertigkeit, Schönheit, Kraft und Eleganz.

Im Theaterzelt, Burgplatz:  Tribünen in clownesken Farben warten auf das Publikum. Ein breiter, rechteckiger Sandkasten dient als Bühne. Der Rest ist Licht und Schatten immer wieder kurz unterbrochen durch absolute Dunkelheit. Bence Vâgi, der künstlerische Leiter nennt es "cirque danse".  Es reicht dem Choreografen, um Urszenen des Menschlichen zu erzählen. Vâgi denkt immer vom klassischen Tanz her, schwindelerregende Akrobatik und Balance-Akte sind nie Selbstzweck, sondern entwickeln sich elegant aus der Erzählung heraus, die in ihrer ästhetischen Magie und emotionalen Eindringlichkeit unter die Haut geht.

Eine atemberaubende Darbietung

Rätselhaftes Spiegel-Spiel, das abwechselnd den Künstler, den Sand, die Dunkelheit und das Licht widerspiegelt. Ein beunruhigendes Gefühl, das die Realität verzerrt, der Eindruck, in ein schwarzes Loch gesogen zu werden. Der Sand, der auf der Bühne so ruhig ist, verwandelt sich in wellige, glitzernde Dünen. Er erwacht zum Leben.

Unter dem Sand entstehen im Rhythmus der Musik Lichtstrahlen, die scheinbar durch die Bewegungen der Akrobaten gesteuert werden. Der Sand wird zu goldenem Staub. Er rinnt immer wieder durch die Hände der Akteure, wie ein Symbol für die Zeit oder verlorenes Land.

Der Leitertanz, eine Hochrisiko-Performance, lässt Spannung entstehen. In absoluter Stille hält das Publikum im Saal den Atem an.
Die Inszenierung der Jongleure bietet eine hypnotisierende, fesselnde Show.

Die musikalische Begleitung, die zwischen zeitgenössischer Musik und ukrainischer Folklore wechselt, schafft einen innovativen Klangraum. Sie spielt mit Emotionen.

Stehende Ovationen, echte Begeisterung

Das Publikum feiert die noch atemlosen Künstler minutenlang, stehend und zollt der großartigen Leistung den gebührenden Respekt. Die Tänzerin Yevheniia Obolonina präsentiert sich mit der ukrainischen Flagge. Der Applaus reisst nicht ab.

Ukraine - Solidarität in Form von Musik für ein Land im Krieg

Bei der Eröffnung der Aufführung bat die Festivalintendantin Christiane Oxenfort die Zuschauer um Solidarität mit den den Künstlern aus der Ukraine.

"Seit April waren wir mit dem Ensemble Recirquel in Kontakt. Vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine sind die ukrainischen Künstler nicht gezwungen, sofort in ihr Land zurückzukehren."

Das Engagement der Produktion My Land geht auf eine Solidaritatsaktion zurück. Die Akrobaten der in Ungarn beheimateten Kompanie sind allesamt Ukrainer*innen, die ohne zusatzliche Engagements nach Abschluss ihrer Europa-Tournee wieder zurück in ihre Heimat in eine ungewisse Zukunft hätten reisen müssen. Das soll aber keinesfalls von der hochgradigen Produktion ablenken. My Land wurde 2018 beim berühmten Edinburgh Festival als beste Performance gekürt und gefeiert. Das besondere an Recirquel ist die einmalige Symbiose aus Akrobatik und Tanz, Licht und Schatten und bewegender Symbolik.

Viele weitere Künstler treten noch beim Düsseldorf Festival auf, das bis zum 26. September läuft

Blue Lounge Jazz III - Barbara Oxenfort Quartett, Backbone, Kunstlied-Slam, Blue Lounge Jazz IV - Tilo Bunnies Trio, Vom Teufel mit den drei goldenen Haaren - Alexander Steindorf, Schauspiel, Leib und Seele, The Giving Tree, Contemporary Dance 2.0, Missa Miniatura, u.v.a.

Das vollständige Programm des Festivals finden Sie hier