Analyse: Ampel in der letzten Phase

Von Jo Achim Geschke |

Die Ampel geht in die letzte Phase, etliche Punkte sind offensichtlich geklärt, schließlich haben alle drei Parteien Interesse, beispielsweise die Schulen zu sanieren, gut auszustatten. Nun geht es in Richtung politische Praxis mit einem SPD-OB Thomas Geisel. Erste Lichtzeichen werden politisch Interessierte bereits beim Rat am 18. Sept finden: Wie gehen die Parteien miteinander um, welche Anträge kommen von wem?

Die „Ampel“ aus SPD, Grünen und FDP hatte von Beginn an gute Voraussetzungen, sieht man von einigen klärbaren Streitpunkten ab. Denn mit welchen strategisch-politischen Überlegungen haben die Parteien ihre Verhandlungen aufgenommen ?

Die Grünen:

Einige Grüne hatten durchaus Interesse, mit der CDU zu koalieren, nach dem Motto: Wir wollen bei politischen Anträgen nicht immer diskussionslos abgelehnt werden wie in der Vergangenheit … Der Satz gilt für einige wohl auch noch im Präsenz. Aber : In der Ampel haben die Grünen jetzt eine gute Möglichkeit für eigene Politikvorstellungen, wie beim Radverkehr, Klimaschutz, oder Drogenhilfe. Wenn nicht der elende Knackpunkt Wohnen wäre : Das von den Grünen mit getragenen Handlungskonzept Wohnen sieht 20 % geförderte und 20 % „preisgedämpfte Wohneinheiten vor (mit 10 Euo / m²). Dagegen die von der SPD geforderten lediglich 30 % geförderte Einheiten. Und wer kann dann 10 € bezahlen, und wie wird das geregelt – einiges ist da noch zu klären.

Die SPD:

muss ein großes Interesse habe, wieder in einer Mehrheit die Stadtpolitik zu bestimmen und die Stadt in ihrem Sinnen zu gestalten, für mehr Soziales Wohnen beispielsweise und mehr Einsatz für die Stadtteile. Die SPD muss sich aber bei den Ampel-Koalitionären auf Kompromisse einlassen. Also schaun mer mal, was kommt.

Die FDP:

Marie-Agnes Strack-Zimmermann , auch Vize Vorsitzende in der Bundes-FDP, hat sicher Interesse, eine Ampel als Model für andere Städte oder sogar für Landtage herzustellen, weil dann die FDP wieder mehr Wählerstimmen bekommen könnte. (Die FDP ist bei den letzten Landtagswahlen in Deutschland aus mehreren Landtagen rausgeflogen.) Eine Ampel in der Landeshauptstadt ist daher sicherlich ein gutes Model für politische Zusammenarbeit mit anderen Parteien als der CDU. Beachtenswert ist dabei die Positionierung von Manfred Neuenhaus, der von neoliberalen Inhalten wohl absehen muss. (Ich weiß, Herr Neuenhaus, sie empfinden neoliberal als ein Schimpfwort: es ist aber nur eine Beschreibung einer politischen Einstellung, manche sagen Ideologie – die in Deutschland immer mehr um sich greift, übrigens längst auch in Medien.)

Die CDU:

Ist zwar nicht in der Ampel, interessant wird aber ihre Vorstellung im Rat. Sie muss sich völlig neu aufstellen und positionieren, ein neues Profil suchen. Das geht eventuell nicht mit Konservativen wie Andreas Hartnigk oder Altgedienten wie Friedrich Conzen. Denn die CDU muss sich auch verjüngen und von den realitätsfernen Positionen im Wohnungsbereich trennen, auch beim Verkehr andere Schwerpunkte setzen. Anfänge zeigen die CDU-Anträge im Rat ( etwa zu Flüchtlingen und Pflege) und einige Stellungnahmen von Rüdiger Gutt, dem neuen Fraktionssprecher. Die CDU hat zwar wenig Einfluss auf die Ratspolitik bei einer Ampel-Mehrheit, aber nicht zu vergessen ist: Die entscheidenden Stellen (etwa Amtsleiter) in der Verwaltung sind mit CDU-Anhängern besetzt .

Goldener Oktober?

Im Oktober wollen dann die Ampel-Parteien die Ergebnisse schriftlich vorlegen – denen die Parteiversammlungen dann noch zustimmen müssen. Die Kunst wird angesichts einer Schuldenbremse und dem Zwang, in etlichen Bereichen investieren zu müssen, darin liegen, wie das vorhandene Geld anders eingesetzt wird. Wie sich die Mehrheitsfarben Rot-Gelb-Grün auf die Stadtpolitik auswirken, dazu zeigt der Rat am 18. September erste Zeichen.

Die Zeit drängt

Nach der Einbringung (also der Vorstellung des Haushalts 2015 und seiner politischen Schwerpunkte) – der Etat wird übrigens von den Dezernenten und dem Kämmerer seit dem Frühjahr zusammen gestellt – diskutieren die Ausschüsse im Oktober und November über die einzelnen Etatposten, etwa Schulen, Soziales, Verkehr, und fassen geldwerte Beschlüsse, die oft im Rat mehrheitlich übernommen werden.

Knackpunkte sind unter anderem, und das entspricht den Verhandlungen der Ampel: Die Verkehrsführung der U 81, also ob Tunnel oder Brücke im Norden. Der frühere OB hatte als Wahlgeschenk seiner Klientel im Norden noch einen Tunnel versprochen. Entscheidend dabei ist, ob es für eine teurere Tunnellösung noch Zuschüsse vom Land gibt. Andere Punkte mit Zündstoff, weil sie erheblich Geld kosten werden: Die Inklusion und der dafür erforderliche Umbau von Schulen.

Außerdem wird die Liga der Wohlfahrtsverbände (u.a. Awo, Diakonie, Caritas, Paritätischer) im Rat sehr genau zuhören. Der vorige OB Elbers hatte zwar vor der Kommunalwahl noch schnell den Vertrag mit der Liga verlängert. Doch im Sozialausschuss war bereits von der Liga angekündigt worden, dass die leichte Erhöhung der Mittel nicht ausreichen werde angesichts von mehr Aufgaben, etwa durch neue Kitas.

Beim Thema Schulen ist klar, dass ein jüdisches Gymnasium gebaut wird. Außerdem wird die Ampel-Koalition darauf drängen, dass eine neue Gesamtschule möglichst bald entsteht.

Der Etat 2015 soll dann im Dezember beschlossen werden. Dann steht die Ampel auf Grün – das Bild sei erlaubt, diese Metapher soll aber nichts über die politische Gewichtung aussagen.