"Die Benennung eines öffentlichen Platzes gehört zu den höchsten Ehrungen, die die Landeshauptstadt Düsseldorf aussprechen kann. Mir ist es ein wichtiges Anliegen, dass dieser zentrale Platz würdig und angemessen benannt wird. Damit findet ein umfangreicher und gründlicher Prozess seinen Abschluss. Es ist im Interesse aller, dass wir uns ausreichend Zeit genommen haben, um über die Auswahl der neuen Namen gründlich nachzudenken und zu diskutieren. Letztlich bin ich froh, dass wir die Entscheidung mit größter Sorgfalt getroffen haben", betonte Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller.
Vorangegangen war am Samstag, 25. Oktober, die öffentliche Bekanntmachung zur Umbenennung des Jürgensplatzes im Düsseldorfer Amtsblatt. Betroffene Anwohner erhalten in den kommenden Wochen entsprechende Informationen zur kostenfreien und von Amts wegen ausgeführten Ummeldung ihres Wohnsitzes, ihres Kraftfahrzeuges, ihres Bewohnerparkausweises und ihres Gewerbes. Dies erfolgt jeweils mit separaten Schreiben. Bis zum Eintreffen der Informationen zum weiteren Vorgehen bittet die Stadtverwaltung von einer eigenständigen Ummeldung abzusehen.
Hintergrund der Umbenennung
Der ehemalige Oberstleutnant der Schutzpolizei Düsseldorf, Franz Jürgens, wurde in der historischen Darstellung der vergangenen Jahrzehnte als Unterstützer der "Aktion Rheinland" und der kampflosen Übergabe von Düsseldorf an die Alliierten zum Ende des 2. Weltkrieges auf vielfältige Weise geehrt. Im Rahmen einer tiefgreifenden Aufarbeitung der "Aktion Rheinland" durch die Mahn- und Gedenkstätte wurde jedoch festgestellt, dass Franz Jürgens der nationalsozialistischen Ideologie nahestand und mitverantwortlich war für die Deportationen von Darmstädter Juden. Erst in den letzten Wochen des Krieges stellte er sich gegen das nationalsozialistische Regime. Die Straßenbenennung nach einer Person ist die höchste Ehrung, welche die Stadtgesellschaft einer Person postum zukommen lassen kann. Die aktive Beteiligung von Franz Jürgens am NS-Staat wiegt so schwer, dass eine solche Ehrung nicht mehr möglich ist. Der Stadtrat der Landeshauptstadt Düsseldorf hat daher in seiner Sitzung am Donnerstag, 10. Juli 2025, beschlossen, den Jürgensplatz im Stadtbezirk 3 in "Edith-Fürst-Straße" und die Platzfläche vor dem Polizeipräsidium und dem Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung in "Am Polizeipräsidium" umzubenennen.
Die neue Namensgeberin des bisherigen Jürgensplatzes ist Edith Fürst, geboren in Düsseldorf. Ihr Vater Isidor Michalowski stammte aus Ostpreußen, ihre Mutter Adele aus Westfalen. Edith hatte noch zwei Geschwister. Edith heiratete 1913 Dr. Jakob Braunschweig. Ihr Sohn Theodor kam 1914 zur Welt. 1917 ließ sie sich scheiden. 1921 heiratete sie den Kaufmann Oskar Fürst. Ihr Sohn wurde von Oskar Fürst 1922 adoptiert. Edith Fürst arbeitete im Textil-Kaufhaus Eduard Linz & Co in Düsseldorf. Die Firma hatte ihr Vater gegründet. Ihr Mann wurde Teilhaber der Firma und führte sie mit Edith zusammen. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 wurden sie als Juden diskriminiert. Ihrem Mann setzte die Verfolgung so sehr zu, dass er sich 1936 selbst tötete. Nach dem Tod ihres Vaters 1937 plante Edith Fürst, Deutschland zu verlassen. Sie wollte zu ihrem Sohn, der seit 1934 in Palästina war. Doch die Vorbereitungen zogen sich in die Länge. So erlitt Edith Fürst noch die Pogromnacht 1938 in Düsseldorf. Ihre Wohnung wurde stark demoliert.
Edith Fürst verließ Nazideutschland im November 1939. Ihre Flucht ging als "Kladovo-Transport" in die Geschichte ein. Start für den illegalen Transport mit 822 Personen war Wien. Mit dem Zug ging es nach Bratislava (Preßburg). Dann mit einem Donaudampfer nach Budapest. Dort wurde die Gruppe auf drei Schiffe aufgeteilt. Sie gelangten bis an die rumänische Grenze. Dort stoppte der Transport. Die genauen Gründe dafür sind unklar. Die Schiffe wurden zurückgeschickt nach Kladovo. Dort steckten sie dann fest, da die Donau zugefroren war. In Kladovo hofften die Auswanderer vergeblich auf eine Weiterfahrt. Dazu kam es nicht. Am 17. September 1940 wurde die Gruppe wieder 300 Kilometer stromaufwärts zum Ort Sabac an der Save gebracht. Hier kamen sie in ein Massenquartier. Seit April 1941 befand sich die Deutsche Wehrmacht im Land. Die deutschen Machthaber ließen die jüdischen Flüchtlinge im Juli 1941 in das KZ Sabac überführen. Im Januar 1942 wurde Edith Fürst mit anderen Frauen in das KZ Sajmiste bei Belgrad gebracht und im Frühjahr 1942 ermordet. An Edith Fürst erinnert auch ein Stolperstein vor dem Haus Prinz-Georg-Straße 100.
Mit der Umbenennung des unmittelbar an das Polizeipräsidium angrenzenden Platzes in "Am Polizeipräsidium" wird sowohl die direkte Lage beschrieben als auch gleichzeitig die Arbeit der dort eingesetzten Polizistinnen und Polizisten gewürdigt.
Service
Umfangreiche Informationen zur Umbenennung historisch belasteter Straßennamen sowie Antworten auf häufig gestellte Fragen sind im Internet zusammengestellt unter: www.duesseldorf.de/strassennamen. Bei Unklarheiten können sich Betroffene per E-Mail an strassenbenennung@duesseldorf.de oder telefonisch an 0211-8994276 wenden. Zusätzlich steht unterstützend vor Ort auch die Bezirksverwaltungsstelle zur Verfügung.
