Die Kö zur Nazizeit

Mahn- und Gedenkstätte: Die Kö und die Stadt zur Nazizeit

Von Jo Achim Geschke |

Buchtitel

Im übertragenen Sinne erlebte die nationalsozialistische Gewaltherrschaft in Düsseldorf sowohl ihren Beginn als auch ihr Ende an der Königsallee: So spielte sich Hitlers Rede im Industrieclub 1932 ebenso im Parkhotel ab wie das Standgericht gegen fünf mutige Düsseldorfer Bürger wenige Stunden vor der Befreiung 1945. Auch in der Zeit dazwischen war die "Kö" Schauplatz der Stadtgeschichte: Im achten Band der "Kleinen Schriftreihe" der Mahn- und Gedenkstätte zeigt die Autorin Hildegard Jakob, stellvertretende Leiterin der Mahn- und Gedenkstätte, die Auswirkungen der NS-Diktatur auf eine rheinische Großstadt und ihre Bürger.

Für diesen besonderen Band über die berühmteste Straße Düsseldorfs hat die Gedenkstätte neben dem Förderkreis der Mahn- und Gedenkstätte e. V. die Interessensgemeinschaft Königsallee e. V. als Mitherausgeber gewonnen. Das Buch erscheint am 30. August im Droste Verlag und ist im Buchhandel zum Preis von 7 Euro erhältlich.

Am Beispiel der Königsallee werden die Jahre 1933 bis 1945 vermittelt. Wie veränderte die nationalsozialistische Diktatur das Leben und Arbeiten auf der Kö? Wie nutzte die Partei die Königsallee für ihre Propagandaaktionen? Wie veränderte der Bombenkrieg das Gesicht der Kö?

Ausgerechnet auf der Königsallee mit ihren hochwertigen und teuren Luxusgeschäften und Edelcafés inszenierte die Düsseldorfer NSDAP-Führung das Bild einer solidarischen und klassenlosen "Volksgemeinschaft". Für die Sammlungen des Winterhilfswerkes, der Organisation "Kraft durch Freude" oder der "Deutschen Arbeitsfront" wurden werbewirksam Prominente auf die "Kö" geschickt, um sich und das Regime ins rechte Licht zu setzen. 1933 benannte man die Westseite der "Kö" in "Albert-Leo-Schlageter-Allee" um und erinnerte so an einen sogenannten NS-Märtyrer: ein Totenkult, der ins Bizarre gesteigert wurde.

Mit vielen bisher unveröffentlichten Fotos und Dokumenten (163 Abbildungen auf 88 Seiten) lädt dieser Band zum historischen Gang über die beiden Seiten der Königsallee ein. Erzählt werden die persönlichen Geschichten der Anwohner und Gewerbetreibenden. Er zeigt, wie auch auf der "Kö" "jüdische Geschäfte" systematisch boykottiert und "arisiert", wie Anwohner aus politischen Gründen schikaniert und verjagt wurden. Etablierte Kunstgalerien wurden bedrängt, keine "entartete Kunst" mehr zu handeln. Arztpraxen und Anwaltskanzleien wechselten die Eigentümer – häufig aufgrund der diskriminierenden "Rassengesetze". Ein Ausblick zeigt den Wiederaufbau der Königsallee in der frühen Nachkriegszeit.

Hildegard Jakobs
Die Autorin Hildegard Jakobs leitet seit vielen Jahren den Bereich Dokumentation und Sammlung der Gedenkstätte und erforscht unter anderem die Geschichte der Juden sowie die Alltagsgeschichte im nationalsozialistischen Düsseldorf. Für diesen Band über die Königsallee hat sie viele lebensgeschichtliche Zeugnisse zusammengetragen, Dokumente in regionalen Archiven gesichtet und viele bisher unveröffentlichte Fotos im Düsseldorfer Stadtarchiv entdeckt.

"Kleine Schriftenreihe" der Mahn- und Gedenkstätte

Die im Jahre 2012 gestartete "Kleine Schriftenreihe" wird durch den Förderkreis der Mahn- und Gedenkstätte e. V. in Kooperation mit jeweils anderen Partnern herausgegeben.

So sollen die "kleinen Bücher" auf rund 60 bis 80 Seiten Themen aus der Stadtgeschichte zwischen 1933 und 1945 zusammenfassen und für einen breiten Leserkreis attraktiv aufbereiten: Ohne Fußnoten- oder Anmerkungsapparat, dafür aber reich bebildert mit Fotos oder Dokumenten und dazu ansprechend gestaltet, erlauben die Bände der "Kleinen Schriftenreihe" auch dem Nicht-Historiker einen guten und schnellen Zugriff auf viele Aspekte der Düsseldorfer Geschichte während der NS-Zeit.