Im Alter von 21 Jahren erhält Julia Henning im Herzzentrum des Universitätsklinikums Düsseldorf ein Spenderherz – Trotz langer Krankheitsgeschichte blieb sie immer zuversichtlich

"Als ich das erste Ultraschall gesehen habe, musste ich weinen."

Im Alter von 21 Jahren erhält Julia Henning im Herzzentrum des Universitätsklinikums Düsseldorf ein Spenderherz – Trotz langer Krankheitsgeschichte blieb sie immer zuversichtlich / Foto © UKD

Im Alter von 21 Jahren erhält Julia Henning im Herzzentrum des Universitätsklinikums Düsseldorf ein Spenderherz – Trotz langer Krankheitsgeschichte blieb sie immer zuversichtlich / Foto © UKD

In der Brust von Julia Henning schlägt seit Mai ein neues Herz. Ein Transplantationsteam des Herzzentrums am Universitätsklinikum Düsseldorf operierte die 21-Jährige nachdem alle anderen Behandlungsoptionen für ihr erkranktes Herz ausgeschöpft waren.

Im Alter von elf Jahren erfuhr Julia Henning von ihrem Gendefekt, der die Ursache für wiederkehrende Herzrhythmusstörungen und eine fortschreitende Herzschwäche war.

„Aus der kindlichen Perspektive war das eine Katastrophe“, so die junge Frau.

Zuvor hatte sie sich in vielen Sportarten zu Hause gefühlt. Taekwondo, Reiten – das gehörte zu ihrem Leben.

„Das musste ich aufhören, obwohl ich im Alltag eigentlich noch gut belastbar war.“

Immerhin konnte sie sich in den Folgejahren über Reha-Sport und Besuche im Fitness-Studio im Rahmen ihrer Möglichkeiten fit halten.

Ihren Eltern, ihrem Bruder und ihrem Freund ist Julia Henning unglaublich dankbar für die Begleitung durch die schwere Zeit.

„Natürlich habe ich eine andere Rücksichtnahme, eine andere Sensibilität mir gegenüber gespürt“, sagt sie. „Ich hatte aber nie das Gefühl, das kranke Kind zu sein.“

Es habe bei ihren Eltern immer eine Abwägung zwischen „zu viel aufpassen“ und „zu viel zulassen“ gegeben. So wurde ihr zum Beispiel 2015 ein sechswöchiger Aufenthalt in Australien im Rahmen eines Schüleraustauschs ermöglicht – nach vorheriger Kontaktaufnahme und Vereinbarung eines Notfallplans mit einem Krankenhaus vor Ort.

„Ich bin nie davon ausgegangen, dass ich sterbe“

Ab 2019 verschlechterte sich der Gesundheitszustand von Julia Henning zunehmend. Die Herzspezialistinnen und -spezialisten der Uniklinik Düsseldorf versuchten unter anderem auch mit neu entwickelten Medikamenten im Rahmen von sogenannten „off-label“-Anwendungen gegenzusteuern. Zur Sicherheit implantierte das Behandlungsteam im Jahr 2020 einen Defibrillator unter die Haut der jungen Wuppertalerin. Zwei Mal löste dieser in der Folge aus, weil schwere Rhythmusstörungen auftraten und das Herz mit einem gezielten Stromstoß wieder in den richtigen Takt versetzt werden musste. Julia Henning blieb dennoch zuversichtlich.

„Ich bin nie davon ausgegangen, dass ich sterbe.“

„Die Versorgung von Patientinnen und Patienten mit diesen schweren Herzerkrankungen ist immer eine Teamaufgabe, an der die verschiedensten Disziplinen beteiligt sind“, sagt Prof. Dr. Udo Boeken, chirurgischer Leiter des Herztransplantationsprogramms an der Uniklinik Düsseldorf. „Das fängt bei einer zunächst konservativen, auf Medikamente gestützten Behandlung in der Kardiologie an und mündet dann im Fall einer weiteren Verschlechterung des Gesundheitszustands in einer Zusammenarbeit mit den Herzchirurgen, bei der es dann um Herzunterstützungssysteme oder eben – bei sehr schweren Verläufen – um eine Transplantation geht.“

Hier seien dann weitere Berufsgruppen wie die Teams der Anästhesie, der Kardiotechnik, der OP-Pflege und später der Physiotherapie eng eingebunden.

Zu Beginn dieses Jahres nahmen die Ärztinnen und Ärzte gegenüber Julia Henning erstmals das Wort „Herztransplantation“ in den Mund.

„Für mich selbst war klar, dass das irgendwann auf mich zukommen wird“, sagt Julia Henning. Sie hat sich eingehend über ihre Situation informiert, spricht in Zusammenhang mit ihrer Erkrankung von „ventrikulärer Tachykardie“. „Ich bin ganz gut im Bilde“, so die 21-Jährige. „Es war mir sehr wichtig, alles zu verstehen.“

Aufgrund ihres instabilen Zustandes wurde Julia Henning im April auf die Dringlichkeitsliste für Herztransplantationen gesetzt. Dass es nur 13 Tage dauerte bis ein passendes Spenderherz gefunden werden konnte, grenzt an ein Wunder. Die Wartelisten sind lang und es stehen deutlich weniger Spenderorgane zur Verfügung als eigentlich benötigt werden.

„Als die Nachricht kam, habe ich alles auf einmal gedacht“, so die Wuppertalerin.

Da sei Freude gewesen aber auch ein großer Respekt vor der anstehenden Operation.

Ihre erste Erinnerung nach der Transplantation? Die Stimmen ihres Vaters und ihres Freundes im Aufwachraum, die sie – noch mit einem Beatmungsschlauch in der Luftröhre und benebelt von der Narkose – wahrnahm.

„Das war enorm wichtig für mich, dass die beiden da waren.“ Das Zeitgefühl für die Tage nach der Transplantation ist ein wenig aus den Fugen geraten. Aber etwa zwei Tage nach dem Eingriff spürte Julia Henning ihr neues Herz kräftig schlagen. „Das war ein Wow-Moment.“ Emotional war auch die erste Ultraschall-Untersuchung. Die Pumpkraft ihres alten Herzens hatte zum Schluss bei unter 30 Prozent gelegen. Für das neue Herz wurden normale Werte gemessen. „Als ich das erste Ultraschall gesehen habe, musste ich weinen“, sagt die Wuppertalerin.

„Wir sind sehr froh, dass sich Julia Henning so gut erholt. Das ist auch für uns immer wieder schön zu sehen“, so Herzspezialist Prof. Boeken. „Mit dem Spenderherz wird sie im Normalfall lange Zeit gut leben können. Ob danach eine zweite Transplantation erforderlich sein wird oder andere Behandlungsmöglichkeiten vorhanden sind, lässt sich heute noch nicht abschließend beurteilen.“

Noch liegt noch ein anstrengender Weg vor Julia Henning. Sie muss unter anderem im Rahmen einer stationären Rehabilitation lernen, was sie ihrem Körper wieder zumuten kann, wird mit kontrolliertem Training, Physiotherapie und ärztlicher Betreuung an die neuen Möglichkeiten herangeführt. Danach möchte sie als Sozialpädagogin in der Kinder- und Jugendhilfe arbeiten. Das neue Herz wird ihr die nötige Kraft geben.

VIDEO:

Im Video-Interview erzählt Julia Henning unter dem Titel „Patientenperspektive“ ihre Geschichte. Die Einschätzung aus Sicht der behandelnden Ärzte nimmt Prof. Dr. Udo Boeken vor. Das Video ist auf YouTube unter folgendem Link zu finden: https://youtu.be/fy_dNDfDH6U

ORGANSPENDE-INFO:

Die 21-jährige Julia Henning hat von einer Organspende profitiert und setzt sich in ihrem Bekanntenkreis sehr dafür ein, dass vom Organspendeausweis Gebrauch gemacht wird. Mit dem Organspendeausweis kann dokumentiert werden, ob man in eine Organspende einwilligt oder nicht. Eine Bestellung/ein Download ist über die Website der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) möglich: https://www.organspende-info.de/organspendeausweis-download-und-bestellen/

Zum Universitätsklinikum Düsseldorf

Das Universitätsklinikum Düsseldorf (UKD) ist das größte Krankenhaus in der Landeshauptstadt und eines der wichtigsten medizinischen Zentren in NRW. Die 9.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in UKD und Tochterfirmen setzen sich dafür ein, dass jährlich über 50.000 Patientinnen und Patienten stationär behandelt und 300.000 ambulant versorgt werden können.

Das UKD steht für internationale Spitzenleistungen in Krankenversorgung, Forschung und Lehre, sowie für innovative und sichere Diagnostik, Therapie und Prävention. Patientinnen und Patienten profitieren von der intensiven interdisziplinären Zusammenarbeit der 60 Kliniken und Institute. Die besondere Stärke der Uniklinik ist die enge Verzahnung von Klinik und Forschung zur sicheren Anwendung neuer Methoden.

Am UKD entsteht die Medizin von morgen. Jeden Tag.