Paris, Frankreich – ein Reisebericht

Paris, ein Fest … für Düsseldorfer_innen

Von Jo Achim Geschke |

Bouquinistes und Notre Dame Paris/ Foto (C) Jo Achim Geschke

„Quartier Latin“ und „Saint Germain“ : Beim Spaziergang durch diese Viertel werden die Unterschiede klar zwischen Paris und der Stadt, die mal als „Klein Paris“ benannt wurde. Düsseldorf ist schön. Mann sehnt sich in Düsseldorf aber doch zurück zu den alten Häusern mit ihren Balkonen, verziert mit eiserner Gittern. Zu den Menschen, eilig oder lässig schlendernd auf den Boulevards, die aber höflich Pardon sagen, wenn sie jemand anstoßen im Gedränge. Auch in Paris gehen alle durcheinander, mal rechts, mal links auf den breiten Bürgersteigen. Aber in Paris weichen sie souverän den entgegen Kommenden aus. Eine Weltstadt, selbstbewusst, souverän eben. Und einfach verzaubernd.

Shakespeare & Co am Seine-Ufer: Eine junge Frau sitzt auf einem Sessel in der ersten Etage. Der Raum ist klein, voller Regale mit Büchern, ein kleiner alter Tisch. Sylvia Beach könnte hier vielleicht gesessen haben. Die junge Frau hat eine schnurrende Katze auf dem Schoß, vor ihr kniet ein japanisches Kind, streichelt die Katze unentwegt. Der Vater schaut lächelnd von jenem Tisch zu, der aus der Zeit Sylvia Beach´ stammen muss, 90 Jahre alt vielleicht. Die Buchhandlung der beiden Frauen Sylvia Beach und Adrienne Monnier lag ursprünglich in der Rue de L´Odéon 12. Sie war Treffpunkt vieler Literaten und wurde noch berühmter, weil Sylvia Beach James Joyce „Ulysses“ verlegte. Sylvia Beach schloss die Buchhandlung nach dem Einmarsch der Deutschen in Paris. 1944, bei der Befreiung, kam Ernest Hemingway zu ihr und befreite durch einen symbolischen Akt auch die Buchhandlung, die er so liebte. Hemingway hatte übrigens übrigens in der Nähe oft in der „Brasserie Lipp“ gegessen. Nach Beach Tod 1962 wurde eine Buchhandlung in der Rue de Bucherie in „Shakespeare und Company“ zu Ehren von Sylvia Beach umbenannt. Heutzutage stehen dort Touristen Schlange, um in die kleine, ausgezeichnet sortierte Buchhandlung zu kommen.

Touristenviertel? Im Café im Viertel Odéon sitzen wir beim Frühstück und am Abend, sind hier zwei von maximal 10 Tourist*innen unter den Heizstrahlern. Die Kellner im „Breizh“, beim Bretonen, sind freundlich, mehr als in der „Brasserie Lipp“. Und genauso nett wie im „Café de Flore“, obwohl dass nun wirklich die Zeiten von Simone de Beauvoir und Sartre hinter sich hat und voller Touristen ist. Aber nicht nur. Ins „Café Jade“ ein paar Straßen weiter in der Rue de Buci mit seinen Wänden voller großer Künstlernamen verirrt sich ohnehin kein Tourist, der Altersdurchschnitt liegt bei etwa 25 Jahren. Hier stehen sie alle an der Wand, in großen hölzernen Buchstaben, die Künstler*innen, die in Paris gelebt und gewirkt haben: Auch Léo Mallet, Marie Laurencin, Utrillo, Miro, Gertrude Stein, Modigliani, Camille Claudel ...

Ah oui, Camille Claudel: Weit mehr als die „Muse“ von Rodin. Sie konnte direkt aus dem Marmor meißeln, an der „Danaide“ sieht man ihre Kunst. Wie an etlichen Beispielen im „Musée Rodin“. Es gibt ein französisches Buch mit vielen Abbildungen, darin ist von „Werken zu vier Händen“ die Rede. Am Quai Bourbon Nr. 19, hinter einem blauen Portal, war ihr letztes Atelier, bevor ihr einflussreicher Bruder Paul sie 1913 abholen ließ und sie bis 1943, zu ihrem Tod, in psychiatrischen Anstalten wegsperren ließ. Claudels Anteil an den Skulpturen Rodins wird – wie bei vielen Künstlerinnen – bis heute meist heruntergespielt.

Der Hof mit ihrem letzten Atelier, heute eine Wohnung, ist Touristen versperrt. Ich konnte 1992 mit Glück im Hof einige Aufnahmen für meine Ausstellung machen, eine ältere Frau ließ mich hinein, als sie morgens Baguette und eine Zeitung geholt hatte. „Der Rodin hat sie kaputt gemacht“, sagte sie damals mit Verve. Am Haus hängt noch eine große steinerne Tafel zu Claudels Gedenken.

Das Quartier Latin und Saint Germain hat hunderte Adressen, die sich mit Künstler*innen und Schriftsteller*innen aus der bewegten Zeit zwischen 1920 bis in die 40er oder nach 1944 verbinden. Eine gute Anleitung, auf ihren Spuren zu flanieren, ist das Buch „Spaziergänge im Paris der Gertrude Stein“. Es führt nicht nur durch die „Rive Gauche“.

Und zu den Friedhöfen mit den Gräbern berühmter Menschen. Warum dorthin gehen? Paris ist eine Stadt des Lebens. An die berühmten Künstler*innen kann jeder auch an ihren ehemaligen Wohn-Adressen, Ateliers oder Lieblingsbistrots denken.

In die Vergangenheit der Arrondissements von Paris führen die Krimis von Leo Malet (1909 – 1996), jeder über ein Pariser Arrondissement, einen Stadtteil, Bezirk, würden wir sagen. Dort sind auch jene Viertel beschrieben, die für die meisten Touristen nicht so glänzen. Auf dem Weg von der Metro bis zum Aufstieg nach Sacré Coeur bekommt jeder einen Eindruck davon. Menschen, die preiswert einkaufen müssen, Stoffläden, die auf maghrebinische Modevorlieben oder arabische abzielen, einfache Häuser, kaum renoviert …

Im Marais sind viele kleine alte Läden neuen Modeboutiquen und Galerien gewichen, den bekannten „Sacha Finkelsztajn“ gibt es noch und die Mosaiken an der Boulangerie.

Der Verkehr in Paris ist immer noch so chaotisch, wie ich ihn als Kind beim ersten Paris-Besuch in den frühen 60ern erlebte. Aber es gibt Entwicklungen, nicht zuletzt seit 2014 durch die Bürgermeisterin Anne Hidalgo (P S), die auch schon in Düsseldorf zu Gast war. Die tief am Seineufer liegende Straße wird jetzt statt rasender Autos von Fußgänger*innen und Rollerfahrer*innen benutzt.

 

Was in Düsseldorf undenkbar wäre: In Paris fahren Elektro-Roller, ähnlich Tretrollern, durch die Straßen. Mit Tempo, im Verkehr, auch schon mal auf dem Bürgersteig. Massenweise. Sie stehen zu viert oder fünft an vielen Ecken zum Mieten bereit, ähnlich wie die E-Motorroller in Düsseldorf. Leih-Fahrräder gibt es in Paris auch, sie stehen in langen Reihen an Ladenstationen in Seitenstraßen. An der Rue de Seine oder anderen Straßenrändern parken E-Autos wie Teslas an Ladestationen. Zudem sieht man nicht so viele SUV in der Rive Gauche oder Rive droit, und auch nicht so viele teure Sportwagen wie in Düsseldorfs Innenstadt.

Die Rue de Seine hinunter geht es zur Seine, die Rue de Buci geht rechts ab, schon in der Nummer 6 hat im Hotel Simone de Beauvoir gewohnt. Etwas weiter biegt die Rue Jacob ab. Colette hat hier gewohnt, Colette, über die jetzt ein Film in den Kinos läuft. Walter Benjamin hat sie mal interviewt.

Walter Benjamin und die Passagen … Noch immer liegen die zwei Bände von Benjamins Passagenwerk ganz oben im Regal in Sichtweite, nur halb angelesen. Die Passagen in Paris: Ein wenig unwirklich, diese von Glas überdachten Durchgänge mit ihren Läden, wie die Passage des Panoramas, oder die Passage Jouffroy mit dem Musée Grevin, einem Wachsfigurenkabinett. Wenige Meter weiter bestaunen alle das Schaufenster von Fayet, der seit 1909 Spazierstöcke verkauft, für 20 bis 2000 Euro. Am Beginn der Passage lädt das Café Zephyr auf einen sehr guten Double Expresso an der Theke, wo eine ungeheuer flinke Barkeeperin gute Cocktails mixt, während sie an der Maschine Café in die Tassen laufen lässt.

Am Seineufer mit Blick auf Notre Dame bieten noch immer Bouquinistes ihre Plakate, alte Zeitschriften und Tinnef an, dort finden sich Fotobände über die Passagen oder auch alte Ausgaben von „Charlie Hebdo“. Auch das ist Paris, wenn auch voller Tourist*innen, wie Notre Dame, oder Sacres Coeur und der Place du Tertre mit seinen Malern und Malerinnen.

Achten Sie am Place du Tertre mal auf die Galerie Roussard, auf diee Tafel neben dem Eingang: Charles Aznavour hat hier gesungen, Jacques Brel, Georges Brassens begann hier seine Karriere, und Edith Piaf hatte hier im „Cabaret de Patachou“ ihren letzten öffentlichen Auftritt.

Ansonsten gibts hier am Platz viel Touristengedränge … Da ist ein Macaron aus einem der vielen wundervollen Patisserien vielleicht ein bezaubernder Ausgleich für die Sinne. Und auch noch zu Hause in Düsseldorf ein Genuss.

Und die Preise in Paris?

Hotels sind ungeheuer teuer in der Innenstadt, vor allem in der Hauptsaison, aber die lohnt eh nicht. Zum Essen gibt es aber genug preiswerte Möglichkeiten, wenn man etwas herumschaut und sucht. Frühstück muss nicht teuer sein, und abends haben wir auch für angemessene Preise etwa am Carrefour Odéon gegessen, auch beim bretonischen „Breizh“ an der „Rue de L´Odéon“, gern rund um die Rue de Canettes, oder ganz französisch bürgerlich, etwa bei „L´Enfance de Lard“ in der Rue Guisarde. Der Wein kostet 7,50 Euro, ist aber hervorragend und ganze Weinberge entfernt vom süßlichen Quatsch an der Mosel etwa.

Bei „Pauls“ in der Rue de Buci zu frühstücken, ist dann sehr gut und auch sehr schön, aber es kostet halt etwas mehr (im Netz auf der Carte stehen keine Preise!). Es gibt aber viele kleine Bäckereien in der Gegend. Im „Café de Flore“ kostet der Expresso double 6,80 Euro – aber es ist ein großer Café, kommt wie so oft in Paris mit Wasser an den Tisch und schmeckt hervorragend. Den „double Expresso“ kann man gut in allen Cafés bestellen, es ist meistens mehr Kaffee und gut, kostet zwischen ca. 3 bis 6 Euro.

Die Metro hilft beim Kennenlernen, wir haben am Gare du Nord gleich ein Ticket für 5 Tage gekauft ( alle Linien, 38 Euro, „Paris visite“). Die Linien sind gut ausgeschildert und die Bahnen kommen alle 3 (drei !) Minuten.

Aber für die Quartiers gilt, dass sich Paris, wie jede Stadt, nur dem Flaneur wirklich erschließt.

(Autor Jo Achim Geschke)

Straße ohne Autos am Seine-Ufer/ Foto (C) Jo Achim Geschke