Wir müssen gar nicht ins alte Frankreich blicken - es reicht eine Vernissage oder ein Treffen in Oberkassel, eine Lesung in Flingern … Düsseldorf ist ja eine Fassadenstadt. Oder sie schauen sich eine der vielen Talkshows an, in der keine der Aussagen sofort auf die Waage des Faktischen gelegt wird. Die Hofgebräuche Ludwig XIV. sind als Kommunikationsform allgegenwärtig. Nicht nur in amerikanischen Ballsaal-Phantasien.
Eine hinreißende lautmalerische Pantomime
Höhepunkte des komödiantischen Theaters im „Menschenfeind“ am Schauspielhaus sind sicherlich zum Einen die lautmalerische Pantomime – bei der Commedia Dell ‘arte auch „Grammelot“ genannt - von Minna Wündrich / Céliemène : Sie steht da und gurrt und gurgelt und stöhnt und brabbelt unverständlich aber melodiös, und untermalt das mit Armbewegungen, während auf einem kleinen Schild an der Bühne ihr Text erscheint: Sie kann sich nicht zwischen zwei Männern entscheiden.
Und Carolin Cousin glänzt als Éliante, Cousine von Céliemène, die durchaus sagt: „Ich wünschte, es wären alle so wie er…“ aber eben doch nicht mit ihm mitgehen will. Und auch Rainer Philippi spielt sein komödiantisches Können aus, freut sich „Ich bin ein Glückspilz“ und spielt nicht nur auf Amerika an: „Ich bin ein Waffennarr, ich habe Geld“.
Den Darstellern wird auch Akrobatisches abverlangt, wenn etwa Oronte / Sebastian Tessenow die Rückwand der Bühne senkrecht hinabschreitet (am Seil gesichert, selbstverständlich) und dabei gelbe Fußspuren hinterlässt (Bühne Thilo Reuther).
Oronte ist jener, der Céliemène leibt, aber Alceste ein Gedicht vorlegt zur Beurteilung. Das ist keine gute Idee, Alceste verreißt den Text. Und bekommt von Oronte eine Anzeige, es gibt einen Prozeß. Den Alceste, der gar nicht komische, gar nicht humorvolle, der nie falsche Komplimente machen will, etwas später verliert.
Die verräterischen Briefe
Der eigentliche Skandal sind aber die Briefe von Céliemène an verschiedene Liebhaber, die bald auftauchen, und in denen sie sich über alle ihre Verehrer lustig macht. Auch über Alceste. Wobei sich die Witwe Céliemène durchaus als emanzipierte Frau zeigt und meint: Na und. So lästern doch alle.
Nicht ins Sauerland
Alceste ist frustriert, er hat Prozesse verloren, weil er seine Meinung ehrlich geäußert hat: „Ich geh ins Sauerland.“ Unnd weil er unverändert in Céliemène verliebt ist, bittet er sie, mitzukommen. Céliemène aber meint: Ich gehe vielleicht mit euch – aber nicht ins Sauerland.
Alceste geht, aber Céliemène und Éliante und alle Männer gehen tanzend ab, während ein schwarzer Ballon aufsteigt mit der Aufschrift „Fin“.
Langer Beifall und Jubel.
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Der Menschenfeind, Komödie von Molière, in der Fassung von Botho StraußDein
Besetzung
Alceste, Geliebter Céliemènes Claudius Steffens
Philinte, sein Freund Heiko Raulin
Oronte, Geliebter Céliemènes Sebastian Tessenow
Céliemène, Alcestes Geliebte Minna Wündrich
Arsinoé, ihre Freundin Cathleen Baumann
Éliante, Céliemènes Cousine Caroline Cousin
Acaste, Marquis Rainer Philippi
Clitandre, Marquis Markus Danzeisen
Live-Musik Jovan Stojšin
Regie Sebastian Baumgarten
Bühne Thilo Reuther
Kostüm Tabea Braun
Komposition Thies Mynther
Videodesign Philipp Haupt
Licht Jean-Mario Bessière
Dramaturgie Robert Koall



