Mindset von Sebastian „El Hotzo“ Hotz – Uraufführung in einer Fassung von Robert Zeigermann

„Mindset“ von Sebastian „El Hotzo“ Hotz oder der Miss-Erfolg im Lambo-gelben Anzug

Von Jo Achim Geschke |

Minset von El Hotzo

“Mindset“ von „El Hotzo“ im D Haus, Fnot Taddese, Moriz Klaus, Alexander Wanat / © Sandra Then D Haus

Wenn Moritz Klaus und Alexander Wanat die so typischen Gesten der so männlichen Männer vorführen, dann ist das so lebensnah, so realistisch, dass das Schulterklopfen und Umarmen erst Lachen und dann Schaudern lässt. Autor Sebastian »El Hotzo« Hotz, den meisten bekannt aus X vormals Twitter, hat genauestens beobachtet, und Moritz Klaus und Alexander Wanat setzen das schauspielerisch ebenso bis in die kleinsten Gesten um wie Fnot Taddese als Yasmin oder Angela im albernen, unsicheren Lachen. „Mindset“ führt die Marketing-Strategen, die vermeintlichen Erfolgsmenschen, die Verführer, die ans Geld der Anderen wollen, gnadenlos vor und zerpflückt den toxischen Glauben an einzig wirtschaftlichen Erfolg.

Vor allem Jüngere kennen den Autor „El Hotzo“ (27 Jahre) aus X vormals Twitter, wo seine treffsicheren Aphorismen als Kommentare zum alltäglichen Leben mehr als 1,5 Millionen Leser haben. Der studierte Volkswirt hat gerade den Roman „Mindset“ vorgelegt, und bei dessen Theaterfassung von Robert Zeigermann saß Autor Hotz mit im Publikum und kam sympathisch zurückhaltend auch zum Schlussapplaus auf die Bühne.  

Moritz Klaus als Mirko zeigt den frustrierten Mitarbeiter der IT-Serviceabteilung wieder mal herrlich mit den kleinen Gesten, acht Jahre auf dem gleichen Posten, und noch immer ist er für manche der Neue. Sehr lebensnah, wie er einem Mitarbeiter nach mehr als 30 Jahren PC und Internet den Umgang mit „Word“ erklären muss – Deutschland muss aber wirklich mal digitaler werden. (Müsste. Das wär mal ein Erfolg.)

Auftritt Maximilian Krach (Alexander Wanat), der im knallgelben Anzug (mit ebensolcher Krawatte und Hemd und Schuhen) den schmierigen Verführer mimt: Der vermeintlich erfolgreiche, der mit den sehr teuren Autos, den „Lambos“, der die Männerwelt in die dahintrottenden Schafe und die harten, abzockenden Wölfe = Männer einteilt. Frauen spielen da übrigens keine Rolle. Alles liegt nur am „Mindset“.

Als Zuschauer:in denkt man /frau sofort an Beispiele wie der just verurteilte Krypto-Währungs-Pleitier Sam Bankman-Fried oder auch die fragwürdigen Methoden in Löwen-Höhlen, pardon: Wolfshöhlen. Krach ist ein Wolf – sagt er- und die Masse der Männer sind die Schafe.

Der Wolf als Sinnbild – etwa im Spruch „Der Mensch ist des Menschen Wolf“ – taugt eigentlich überhaupt nicht dazu, er ist geradezu ein Sinnbild für liebevollen Umgang im Familienrudel.

Moritz Klaus möchte sein wie „Krach“ – aber dessen Kryptowährung ist nix wert, und dieser Wolf  ist sehr einsam und eigentlich pleite, was man auch am gelben Anzug sieht, der mehr und mehr zu groß ist und um ihn herumschlackert.

Der Mensch ist eben nicht des Menschen Wolf

Fnot Taddese brilliert in gleich vier Rollen: Yasmin Kara als Kommentatorin desillusioniert den Mythos vom Erfolg der Wirtschaftsform, etwa wenn sie Robert Owen zitiert: Der prägte um 1810 den Slogan: „Acht Stunden arbeiten, acht Stunden schlafen und acht Stunden Freizeit und Erholung“ – der acht Stundentag also vor rund 200 Jahren und wir haben ihn immer noch, und die ungezügelte Wirtschaft verursacht inzwischen den lebensbedrohlichen Klimawandel.

Früher, so die Kommentatorin, orientierten sich die Feldarbeiter am Klang der Kirchenglocken, bevor Zeitzonen eingeführt wurden, heute tragen wir sekundengenaue Zeitmesser am Arm, die uns gnadenlos an die nächsten Termine erinnern – ob mit der Freundin/ Freund oder beim Arzt oder beim Fitnessstudio. Überall Selbstoptimierung – hin zum Erfolg ?

Die nette sympathische Kollegin Angela, die dann auftritt und die Mirko, der sich auf dem Weg zum Wolf wähnt, erst im Auto und dann zum Schützenfest mitnimmt -  die kennt in ihrer unsicheren Albernheit und ihrem Lachen fast jeder von uns. Fnot Taddese macht das wundervoll wandelbar.

Der Erfinder des Butterspendenautomats

Krach, der pleite ist, der dann doch als Pizzabote arbeitet, trifft auf den Erfinder des Butterspendenautomats für jedes Hotel. Der hat das Firmenerbe durchgebracht, weil er seinen Butterspendenautomats an Hotels verkaufen wollte. Hat er auch. Er war völlig überzeugt von seinem Erfolg. Wie viele er verkauft hat? Zwölf.

Der Erfinder sagt den entscheidenden Satz zu Krach: „Erfolg ist Glück. Nicht anstrengen. Bringt nichts.“

Mirko trägt schließlich ein – gut passendes – gelbes Jackett und hat dem armen Krach angeboten, bei ihm zu wohnen. Sie wundern sich in ihrer WG nun, wie schnell Menschen etwas zu glauben bereit sind.

„Mindset“  von „El Hotzo“ in der Theaterfassung auf der kleinen Bühne des „Unterhaus“ mit ausgezeichneten Schauspieler:innen ist ein wirklicher Erfolg.

Großer Jubel nicht nur vom überwiegend jungen Publikum für die Inszenierung auf der kleinen Bühne.

Besetzung

Maximilian Krach Alexander Wanat

Mirko Mihalic Moritz Klaus

Yasmin Kara (Angela, Rezeptionistin, Butterspendermann, Pizzabotin) Fnot Taddese

Regie Robert Zeigermann

Bühne Susanne Hoffmann

Kostüm Justine Loddenkemper

Musik Timo Hein

Licht Thomas Krammer, Andreas Thomé

Dramaturgie Stijn Reinhold

Weitere Termine (fast alle ausverkauft, Restkarten evntl an der Kasse)

Di, 05.12. / 20:00 - 21:30

Schauspielhaus — Unterhaus

Vorstellungsänderung: Die geplante Vorstellung von »Mindset« muss leider aus dispositionellen Gründen von Mittwoch, 6.12. auf Dienstag, 5.12. verschoben werden. Gekauften Karten behalten ihre Gültigkeit. Alle Ticket-Käufer:innen werden von uns per Mail über die Umtausch- und Rückerstattungsmöglichkeiten informiert, so das D Haus.

Sa, 18.11. / 20:00 - 21:30

Schauspielhaus — Unterhaus

Im Anschluss Publikumsgespräch mit Autor und Internet-Satiriker Sebastian Hotz

Sa, 16.12. / 20:00 - 21:30

Schauspielhaus — Unterhaus

www.dhaus.de