Theaterpreis „Der Faust“ für Düsseldorf/ Kölner Inszenierung "Johan Holtrop Abriss der Gesellschaft"

Theaterpreis „Der Faust“ für "Johann Holtrop - Abriss der Gesellschaft" nach Rainald Goetz

Von Jo Achim Geschke |

Johan Holtrop  D Haus

„Johan Holtrop“, mit Anja Laïs, Rebecca Lindauer, Nicola Gründel, Melanie Kretschmann, Lea Ruckpaul, Cennet Rüya Voß, Ines Marie Westernströer / Foto © Tommy Hetzel D Haus

Den wichtigsten Theaterpreis im deutschsprachigen Raum in der Kategorie »Inszenierung Schauspiel« erhielt Regisseur Stefan Bachmann für die Uraufführung des Romans von Rainald Goetz „Johann Holtrop - Abriss der Gesellschaft“ am vergangenen Samstag im Hamburger Thalia. Die Produktion entstand als Koproduktion des Düsseldorfer Schauspielhauses mit dem Schauspiel Köln.

Im März schieb ich in NDOZ.de zur Uraufführung:

 „Ballettöse Verrenkungen, Zuckungen des Ichs, durchgehalten in Stakkato von einem geradezu tänzerisch explodierendem Ensemble hinter den feinen Gitterstäben der Finanzwelt, die nur durch andere Beleuchtung und Sichtweisen andere Räume und kalte Bürofassaden darstellen (Licht Michael Gööck). Es ist der Manager, der Narzisst im kaltblauen Anzug, dieser „Johann Holtrop“, der in der grandiosen Inszenierung  über die Bühne tanzt. Und die Gesellschaft „abreißt“, in jedem Wortsinn.

Über die Bühne tanzt so Johann Holtrop als ein Kernstück der Finanzwelt : Sinnentleerte Ichs, hochgradig narzisstisch gesteuerte Menschen im vom Geldmythos gesteuerten Wahn, alles erreichen zu können. Autor Rainald Goetz hat es in einem Interview mit Dramaturg Robert Koall formuliert: „Die Abwehr der Beschäftigung mit sich selbst, die möglichst perfekte Selbsterkenntnislosigkeit“ ist „in dieser Welt der Macher, der Wirtschaft“ ihr innerstes Zentrum. (Abgedruckt im ausgezeichneten Programmheft.)

Begründung der Jury

Zur Begründung erklärte die Jury: »Bachmann, der auch zusammen mit Lea Goebel für die Fassung verantwortlich ist, lässt ein ausschließlich weibliches Ensemble die männlichen Abgründe der Wirtschaftsapparate performen. Die acht Schauspielerinnen überzeugen durch ihre dringliche und virtuose Erzählweise, sie sprechen mal chorisch, mal solistisch, und spielen mit einer scharf gezeichneten Körperlichkeit. Bachmanns präzise gearbeitete Form bringt den außergewöhnlichen Goetz-Sound zum Erklingen, die Musik von Sven Kaiser, gespielt von einem Kammermusik-Quartett, liegt wie eine eigene Soundspur unter den Texten. Das ist ästhetisch bemerkenswertes, rhythmisch-rauschhaftes Schauspiel.«

Aufführungen  noch im Dezember und Januar

»Johann Holtrop« ist am Samstag, 9.12. um 19:30 Uhr sowie am Sonntag, 7.Januar um 18 Uhr im Großen Haus zu sehen. Die letzte Vorstellung zeigt das Schauspielhaus am Samstag, 10. Februar um 19:30 Uhr. Karten für alle drei Termine bekommen Sie online im Webshop und an den Theaterkassen.

www.dhaus.de

„Der Faust“

Der Deutsche Theaterpreis »Der Faust« ist ein Preis von Theaterschaffenden für Theaterschaffende. Er wird seit 2006 vom Deutschen Bühnenverein zusammen mit der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste und der Kulturstiftung der Länder in einzelnen Kategorien vergeben. Die Preisverleihung selbst findet jedes Jahr im November in einem anderen Theater statt.