Lesetipp & Ausflugsideen: Ein Bildband über Baumriesen, Geschichte und Klimawandel in NRW

„Die mächtigen und bedeutenden Bäume Nordrhein-Westfalens“ – wie Christoph Michels von Baumriesen erzählt

Von Alexandra Scholz-Marcovich |

Edel-Kastanienallee am ehemaligen Schloss Roland in Düsseldorf-Ludenberg, / Foto: Christoph Michels
Edel-Kastanienallee am ehemaligen Schloss Roland in Düsseldorf-Ludenberg, / Foto: Christoph Michels

Edel-Kastanienallee am ehemaligen Schloss Roland in Düsseldorf-Ludenberg. / Foto: Christoph Michels

Wussten Sie, dass im Düsseldorfer Stadtteil Angermund ein Baum steht, den Carl-Wilhelm Graf von Spee 1799 pflanzen ließ – und der heute rund 40 Meter hoch ist? Solche Geschichten sammelt Forstingenieur Christoph Michels in seinem Bildband „Die mächtigen und bedeutenden Bäume Nordrhein-Westfalens“.

Der Band aus dem Verlag Kessel stellt in Kurzporträts zahlreiche Baumveteranen in ganz NRW vor, ergänzt um mehr als 70 historisch bedeutende Bäume, die neu aufgenommen wurden. Hinter den Fotos steckt mehr als schöne Naturästhetik: Es geht um Wald- und Stadtgeschichte, um Klimaveränderungen und um die Frage, welche Verantwortung wir für diese Baumriesen tragen. Sechs der vorgestellten Bäume stehen in Düsseldorf.

Bäume, Klima, Verantwortung

„Nur wer die Vergangenheit kennt, hat eine Zukunft.“ Mit diesem Satz von Wilhelm von Humboldt eröffnet Michels sein Buch. Für ihn sind alte Bäume keine Kulisse, sondern lebende Zeugen der Landschaftsgeschichte – und ein Schlüssel, um den Klimawandel und seine Folgen besser zu verstehen.

In seiner Einleitung beschreibt Michels, wie sich die Wälder Mitteleuropas seit der letzten Eiszeit verändert haben – und wie stark der Mensch diese Entwicklung beschleunigt hat: durch Rodungen, Monokulturen, Nutzwälder und Städtebau.

Mehrfach macht er deutlich, wie sehr der Klimawandel die Wälder bereits verändert: Längere Trockenperioden, Hitze und Sturmereignisse setzen vielen Bäumen sichtbar zu, schreibt er. Nach seiner Einschätzung werden manche Baumarten ihr natürliches Höchstalter unter den künftigen Bedingungen vermutlich nicht mehr erreichen. Gerade deshalb misst er alten Bäumen eine besondere Bedeutung zu – als Hotspots der Biodiversität und als „Speicher“ der Landschaftsgeschichte.

Ein eigenes Kapitel widmet sich den sogenannten Neophyten, also Baumarten, die in den letzten Jahrhunderten aus anderen Weltregionen nach Europa gebracht wurden. Einige bereichern die Vielfalt, andere setzen heimische Arten unter Druck – gerade im Stadtgrün ein Thema, das viele Parks und Alleen betrifft.

Praktisch für alle, die selbst losziehen möchten: Viele der im Buch vorgestellten Bäume sind mit QR-Codes versehen. Wer sie mit dem Smartphone scannt, landet auf einer digitalen Karte und findet die öffentlich zugänglichen Standorte – ideal für Spaziergänge, Radtouren oder den nächsten Sonntagsausflug ins Grüne.

Ein Blick nach Düsseldorf: eine Allee und fünf weitere Baumveteranen

Auch Düsseldorf kommt im Buch vor: Insgesamt sechs Baumveteranen aus dem Stadtgebiet hat Michels ausgewählt – verteilt auf unterschiedliche Stadtteile von Angermund bis Holthausen.

Ein Beispiel: die Edel-Kastanienallee am ehemaligen Schloss Roland in Ludenberg. Im Düsseldorfer Kapitel – unter anderem auf Seite 65 – erfährt man, dass diese Allee aus über 200 Jahre alten Edel-Kastanien besteht, die als Naturdenkmal ausgewiesen sind. Die Kastanienallee verläuft am nördlichen Rand der Galopprennbahn Grafenberg. Ursprünglich führte die rund 800 Meter lange Achse in gerader Linie auf das Barockschloss Roland zu, das im 19. Jahrhundert abgerissen wurde. Die Bäume haben wulstige Stämme, verzweigen sich in mehreren Metern Höhe und geben dem Weg diese besondere Mischung aus Würde und Schieflage, die nur sehr alten Bäumen eigen ist.

Wer hier mit Kindern, Hund oder Fahrrad unterwegs ist, kennt die Allee wahrscheinlich – aber oft nicht ihre Geschichte. Genau an solchen Stellen setzt Michels an: Das  Buch macht sichtbar, was längst da ist.

Neben der Kastanienallee stellt der Band noch fünf weitere Düsseldorfer Baum-Stars vor, die Lust auf eigene Entdeckungen machen:

  • einen Amerikanischen Tulpenbaum im Schlosspark Heltorf (Angermund), den Carl-Wilhelm Graf von Spee bereits 1799 pflanzen ließ und der heute rund 40 Meter hoch ist,
  • das sagenumwobene „Krause Bäumchen“, eine etwa 300 Jahre alte Flatter-Ulme am Kalkweg mit hohlem Stamm, die früher Station einer Fronleichnamsprozession war und um die sich mehrere Unglücksgeschichten ranken,
  • eine mächtige Edel-Kastanie am Gutshof Niederheid in Holthausen, vermutlich um 1750 gepflanzt und heute Teil des Freizeitparks „Niederheider Wäldchen“ mit Kinderbauernhof und Reitstall,
  • eine ungewöhnliche Hybrid-Walnuss im Volksgarten, eine Kreuzung aus Walnuss und Schwarznuss, die sich in mehreren Metern Höhe in zwei Kronen teilt und im historischen Landschaftspark auffällt,
  • und einen Japanischen Schnurbaum im Hofgarten, ursprünglich als exotischer Zierbaum aus Ostasien eingeführt und inzwischen fester Bestandteil des ältesten öffentlichen Parks der Stadt.

Die Details zu Standort, Alter und Geschichte liefert das Buch – inklusive QR-Codes für alle, die diese Bäume nicht nur lesen, sondern besuchen möchten.

Für kleine Baum-Fans: die Ergänzung für unterwegs

Wer mit Kindern unterwegs ist oder einfach kompakte Infos mag, kann einen Blick auf die ergänzende Broschüre „Häufig vorkommende Bäume in Deutschland“ werfen – ebenfalls im Verlag Kessel erschienen. Sie stellt Nadel- und Laubbaumarten vor, erklärt anschaulich Unterschiede (zum Beispiel zwischen Fichte und Tanne) und eignet sich gut als Begleiter in Park und Wald.

Buch, Ausflugsführer – und eine stille Einladung

„Die mächtigen und bedeutenden Bäume Nordrhein-Westfalens“ ist kein Buch, das man einmal durchblättert und ins Regal stellt. Es ist eine stille Einladung: rauszugehen, genauer hinzuschauen und die Baumriesen vor der eigenen Haustür neu zu entdecken. Für Düsseldorf heißt das konkret: vom Hofgarten bis nach Angermund, vom Volksgarten bis zur Kastanienallee an der Rennbahn.

Und vielleicht bleibt beim nächsten Spaziergang ja ein Blick ein bisschen länger an einem Stamm hängen – mit dem Gefühl, diesen Baum irgendwo schon einmal gesehen zu haben. In einem Buch über mächtige Bäume. Oder in einem eigenen Kapitel Stadtgeschichte.

Info: Buch & Begleitbroschüre

Christoph Michels: Die mächtigen und bedeutenden Bäume Nordrhein-Westfalens

Verlag Kessel www.forstbuch.de
ISBN: 978-3-910611-33-7
Preis: 24 Euro
Bildband mit Porträts zahlreicher Baumveteranen in NRW, mit Kartenmaterial und QR-Codes zu vielen Standorten.

Mehr über den Autor
Christoph Michels ist Forstingenieur und beschäftigt sich seit vielen Jahren mit alten und markanten Bäumen in Nordrhein-Westfalen. Auf seiner Website starke-baeume.de dokumentiert er weitere Projekte, Fotos und Hintergründe zu Baumveteranen.

Für kleine Baum-Fans: die Kinderbroschüre Häufig vorkommende Bäume in Deutschland

ISBN: 978-3-910611-07-8
Preis: 7,50 Euro