Premiere und Feier zu 40 Jahren Junges Schauspiel

Vorurteile, Toleranz und Identität in „Die besseren Wälder“ - 40 Jahre Junges Schauspiel

Von Jo Achim Geschke |

Gans, Bär und Schaf-Wolf Ferdinand in „Die besseren Wälder“ / Foto Sebastian Hoppe, Schauspielhaus

Auf der Flucht vor ihren Jägern sind drei Wölfe auf der Suche nach „den besseren Wäldern“: Mama, Papa und der kleine Wolf. Der hat Angst. Und sagt: „Sprechen sie unsere Sprache in den besseren Wäldern?“ Der kleine Wolf wird bald von Schafen aufgezogen, spricht ihre Sprache („Määäh“) und nimmt im Schafspelz ihre Gewohnheiten an. „Die besseren Wälder“ vom vielfach ausgezeichneten Düsseldorfer Autor Martin Baltscheit hatte jetzt im Jungen Schauspiel Premiere. Und bildete den Auftakt zur Feier im Haus an der Münsterstraße 446 für 40 erfolgreiche Jahre des Jungen Schauspielhauses,wie es zunächst hieß. Sehr viele Jugendliche sowie Politik- und Kulturprominenz feierten sechs hervorragende Schauspieler, eine tolle Inszenierung aus Berlin und das Haus, das inzwischen zwei Millionen jungen ZuschauerInnen den Weg zum Theater – und zum Nachdenken - bereitet hat.

Der junge Wolf Ferdinand („Ferdi“) wurde von Schafs-Eltern gefunden und aufgezogen. „Jetzt machen wir ein Schaf aus ihm“, sagen sie. Ferdi kann bald Gedichte, weiß: „Schafe springen nicht über Zäune“ und spricht dem Opa nach „Tradition heißt, wenn alles bleibt wie es ist, dann muss sich nichts ändern.“ Kurz: Ferdi wird „ein Bock von Welt“. Niemand singt so gut wie er das „Schafe-Maria“: Köstlich, wie Kilian Ponert das Schafe-Maria“ zur Gitarre singt! Die Mutter denkt aber doch noch: „200 Schafe beten das Ave-Maria, und wer singt: Ein Wolf!“

Der Schafe-Wolf erlebt die erste Liebe – und die Macht der Vorurteile. Er wird verdächtigt, Schuld am Tod seiner ersten Liebe Melanie (Julia Goldberg) zu haben, und gefesselt verstoßen.

Glück im Unglück: Ferdi trifft auf die Gans, die überzeugt ist, ein Fuchs zu sein, und den Bär, der sich für eine Biene hält. Da zeigt Alessa Kordeck, als Gans nur mit einem Schnabel angedeutet, in wundervoller Pantomime die Gans, die mit dem Steert wackelt und mit den Flügeln schlägt. Bär und Biene Bernhard Schmidt-Hackenberg tapst bärig um Fred herum. „Warum soll ein Wolf nicht wein Schaf sein können“, meint die Gans, die ein Fuchs sein will. Es kommt nicht darauf an, wer du bist, sondern wohin du gehst,heißt es im Stück.

Der findet schließlich andere Wölfe und erkämpft sich einen Platz unter ihnen. Aber er sagt noch Mäh und frisst auch kein Wildschwein…

Eine wundervolle Parabel über Identitätssuche, Vielfalt und Toleranz, die von den sechs Schauspieler-Innen mit ungebremster Spielfreude auf die Bühne gebracht werden. Und die große, ausgelassene Toberei aller zusammen, ob Wolf oder Gans oder Schaf, beendet die Inszenierung von Regisseur Robert Neumann und leitete am Sonntag direkt zur Feier von 40 Jahren Junges Schauspiel über.

40 Jahre Junges Schauspiel(-haus)

Im Jahr 1976 war es soweit: Barbara Oertel-Burduli ( gestorben 2002) eröffnete nach langem und unermüdlichen Kämpfen um ihr Projekt eine neue Sparte am Düsseldorfer Schauspielhaus: das Kinder- und Jugendtheater! 1979 zog es provisorisch in die alte Fabrik Schwietzke in der Münsterstraße 446. Mit dem Ausbau 1993 wurde es zu einer Institution, die aus dem Kulturleben Düsseldorfs nicht mehr wegzudenken ist. Aus einer alten Militär-Fabrik entstand Nordrhein-Westfalens größtes Kindertheater! Die Eröffnungs-Premiere: „West-Side-Story“.

2003 startete Stefan Fischer Fels, der vom berliner Grips-Theater kam, mit einem Autorentheater, unter anderem mit Martin Baltscheidt, und gesellschaftsrelevanten Kinder- und Jugend-Themen. Schon mit dabei: Christof Seeger-Zurmühlen. Das Ensemble erhielt Einladungen zu Gastspielen, erhielt Preise und wurde mehrfach zu Preisen und Festspielen nominiert. Seeger-Zurmühlen kehrte ans Junge Schauspielhaus zurück, übernahm zeitweise das junge Haus und feierte mit neuem Ensemble viele Erfolge. „Der Junge mit dem Koffer“ erhielt wie berichtet den Theaterpreis „Der Faust“.

Fischer-Fels kehrte nach der Arbeit am Grips Theater (2011 – 2016) mit Beginn der Intendanz von Wilfried Schulz zurück. Unter dem Dach von „D‘Haus“ entstand ein „Wir sind ein Haus“. Das „Cafe Eden“ wurde eröffnet, Seeger-Zurmühlen ist weiterhin dabei, er leitet die inzwischen immens erfolgreiche „Bürgerbühne“ mit den beliebten Stücken „Sommernachtstraum“ und „Verlorene Lieder“.

Die Reden zur Feier von 40 Jahre Junges Schauspiel unter

www.dhaus.de/junges-schauspiel/40-jahre-junges-schauspiel/

– (Wegen eines Fehlers des Redakteurs wurde der Artikel nicht „scharf“ geschaltet und nach der Premiere veröffentlicht. Wir bitten um Entschuldigung.)