Stadtmuseum zur Gesundheitsgeschichte

Ausstellung zur Gesundheit in Düsseldorf vom Mittelalter bis heute

Von Jo Achim Geschke |

Gesundheitsdezernent Prof. Meyer-Falcke und Museumleiterin Dr. Susanne Anna vor einem Bild der Gesolei 1926. / Foto Jo Geschke/ NDOZ.de

Der Schädel mit Krone von Anna Luise Medici, gestorben 1743 und Ehefrau von Jan Wellem, seht etwa gruselig aus. Ist aber Beleg, dass anhand der Schädelknochen in Italien mögliche Krankheiten untersucht worden. Gruselig auch der Zahnarzt-Bohrer, der noch mit den Füßen wie eine Nähmaschine angetrieben wurde ... was das wohl für Umdrehungen gebracht hat. Es sind nur zwei Exponate von mehr als 200, die jetzt das Stadtmuseum in einer außergewöhnlichen Ausstellung zur Geschichte der Gesundheit und Gesundheitspolitik in Düsseldorf zeigt.

In einer Ecke steht das in Düsseldorf bei der Agentur Grey erfundene „HB-Männchen“, daneben alte Werbung von „Ata“ von Henkel  – Gesundheit ? „Den Begriff der Gesundheit muss man weit fassen“, erläutert Professor Andreas Meyer Falcke, Arzt und Gesundheitsdezernent. Die erbung fürs Rauchen oder für Hygiene habe eben viel mit Gesundheit zu tun

In der Ausstellung werden rund 200 Exponate vom 3. Jahrhundert bis zur modernen Medizin gezeigt.  Die Mahn- und Gedenkstätte steuerte Dokumente bei zur inhumanen und grausamen Medizin der Nazizeit bei. So einen Aufruf vom „Gausportamt“ zu einer Darbietung der Gymnastikgruppe unter der Überschrift „Leistungsfähig und Gesund“, die seltsam modern anmutet.  

 

Ebenso sind Dokumente versammelt zu den d Begriffen Erbbiologie, "Rassenhygiene" und Bevölkerungspolitik geprägt. Durch die Einrichtung der neuen Abteilung "Erb- und Rassenpflege" erfuhr das Gesundheitsamt einen Paradigmenwechsel. Auch auf Ärzte und Bedienstete des Gesundheitsamtes hatten die Änderungen existenzielle Auswirkungen, die insbesondere die jüdischen Vertreter zu spüren bekamen. Zudem wurde die Bevölkerung aufgerufen, weder Ärzte noch Apotheker jüdischer Abstammung aufzusuchen. Die Auswirkungen dieser Gesundheitspolitik waren auch für nicht-jüdische Bürgerinnen und Bürger verheerend: Hatten zuvor die Bedürftigen, Kranken und Behinderten Anspruch auf Förderung und Hilfe, wurden diese von den nationalsozialistischen Funktionären zurückgefahren und der "Erbtüchtige" gefördert. Alle Bevölkerungsgruppen, die diesem "Anspruch" vermeintlich nicht genügten, wurden datenmäßig in der neuen "erbbiologischen Kartei" erfasst, begutachtet und viele der Zwangssterilisation oder Euthanasie zugeführt. Unter anderem läuft dazu in der Ausstellung ein Film über das Schicksal sogenannter "verlegter" Psychatriepatienten im Rheinland von 1935 bis 1949 mit dem Titel "Transport in den Tod".

Die Ausstellung, von einem interdisziplinären Team vorbereitet, wurde ermöglicht durch Sponsoren und rund 20 Leihgeber, sagte Museumleiterin Dr. Susanne Anna. Es st ein chronologischer Spaziergang angelegt durch die Geschichte der Medizin seit dem 3. Jahrhundert, von dem Salbentöpfen zeugen. Aber auch durch die Geschichte der Gesundheitspolitik in der Stadt. So gibt es eine Gesundheitsverordnung aus der Zeit Jan Wellems, nach der die Straßen gereinigt werden mussten. „Denn die Menschen damals starben früh an mangelnder Hygiene, an Coli-Bakterien und Schimmelpilzen“, so Anna.

Seuchen und Epidemien forderten auch im mittelalterlichen Düsseldorf zahlreiche Opfer. 1382 entstand mit dem Düsseldorfer "Gasthaus" eine herausragende städtische Versorgungs- und Sozialeinrichtung. 1541 finden sich erste Hinweise auf eine in der Stadt existierende Apotheke. Der erste hier nachweisbare Stadtarzt wird 1575 erwähnt. Abgesehen davon waren in Universitäten ausgebildete Mediziner exklusiv am herzoglichen Hof im Düsseldorfer Schloss tätig.

Aufschwung der Medizin im 16. Jahrhundert

Einen besonderen Aufschwung im medizinischen Bereich erfuhr Düsseldorf vom 16. bis zum 18. Jahrhundert als herzogliche und zeitweise sogar kurfürstliche Residenzstadt. Es gab eine hohe Zahl an Apotheken, medizinischem Personal und eine strenge Bewachung zur Einhaltung von Qualitätsstandards. Im Rahmen der Ausstellung werden unter anderem kleine Modelle des weiblichen und des männlichen Körpers aus Elfenbein gezeigt, die wohlmöglich als Lehrmaterial dienten. Sie sollen aus dem Besitz der Ordengemeinschaft der Cellitinnen stammen, die sich insbesondere der ambulanten Krankenpflege widmeten. Dennoch existierte seinerzeit ein extremes Versorgungsgefälle zwischen Arm und Reich. Das städtische "Gasthaus" wurde unter Kurfürst Johann Wilhelm eine staatliche Einrichtung und erhielt nun unter dem Namen "Hubertushospital" ein neues Gebäude an der Kasernenstraße. Doch erst mit der Gründung des Evangelischen Krankenhauses (1849) und des Marienhospitals (1872) verfügte Düsseldorf endlich über leistungsstarke Krankenhäuser. 1907 schließlich kamen mit der Medizinischen Akademie die städtischen Krankenanstalten hinzu, aus denen in der Folge die Heinrich-Heine-Universität hervorging.

Ausstellung Gesolei im Ehrenhof 1926

Mit der Ausstellung für Gesundheitspflege, soziale Fürsorge und Leibesübungen (GeSoLei) knüpft Düsseldorf beeindruckend an die Vorkriegstradition als Messestadt an. Vom 8. Mai bis zum 15. Oktober 1926 besu-chten rund 7,5 Millionen Menschen die Großveranstaltung, die in der Ausstellung mit zahlreichen Fotos und weiteren Exponaten präsentiert wird. Themen sind unter anderem Sport, Arbeitsverhältnisse, Gesundheit, Alltagshygiene und Vererbungslehre aber auch die sozialen Missstände der Nachkriegszeit. Das 400.000 Quadratmeter große Ausstellungsgelände erstreckt sich sowohl auf den Rheinpark als auch auf das Areal des Ehrenhofs. Die Gebäude zeugen noch heute von der GeSoLei. Um die zahlreichen Besucherinnen und Besucher nach Düsseldorf zu befördern, wurden damals Sonderzüge eingesetzt. Vom Hauptbahnhof fuhr eine eigene Straßenbahnlinie (Linie G wie Gesundheit) zum Ausstellungsgelände. Zu Recht spricht man daher rückblickend von einem der wichtigsten Ereignisse im Düsseldorf der Weimarer Republik.

Zu den modernsten Objekten, die in der Ausstellung präsentiert werden, gehört das sogenannte Exoskelett "HAL" (Hybrid Assistive Limb) in Form des Roboteranzugs. Dieses unterstützt beziehungsweise ermöglicht nicht nur das Gehen, sondern fördert durch den nun möglichen Bewegungsablauf die (Wieder-)Aktivierung von Hirnarealen (neuromuskuläres Feedback) und damit das eigenständige Gehen.

Rahmenprogramm in der ganzen Stadt

Um insbesondere auch die Bedeutung der eigenen Gesundheit nachhaltig im Bewusstsein der Besucherinnen und Besucher zu verankern und um den integrativ-partizipativen Anspruch eines modernen Museums zu unterstreichen, wird die Ausstellung über den gesamten Zeitraum von einem ebenso umfangreichen wie abwechslungsreichen Rahmenprogramm begleitet. Dazu werden im gesamten Stadtgebiet Veranstaltungen für die unterschiedlichsten Zielgruppen und zu vielen gesundheitsrelevanten Aspekten angeboten. Darunter beispielsweise ein begleitendes Filmprogramm, Kochkurse für Kinder und Informationstage zu den Themen Demenz, Telemedizin, Rheuma, Diabetes und zur Organ- und Blutspende. Die kommunale Gesundheitskonferenz ist ebenso eingebunden wie der Gesundheitsausschuss der Landeshauptstadt und der des Städtetages Nordrhein-Westfalen sowie die Düsseldorfer Gesundheitsmessen A+A, Medica und Rehacare.

Das Stadtmuseum, Berger Allee 2, ist dienstags bis sonntags von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt in die Sammlungen und die Sonderausstellung des Stadtmuseums kostet 4 Euro/ermäßigt 2 Euro. Für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahren ist der Eintritt frei. Bei 100 Prozent Schwerbehinderung ist der Eintritt in die Sammlungen und Sonderausstellung frei.

 Weitere Informationen des Stadtmuseums und zum Rahmenprogramm gbt es in einem Programmheft beim Stadtmuseum oder im Rathausfoyer sowie  im Internet unter: www.duesseldorf.de/stadtmuseum

 

Montagsfrage im Stadtmuseum:

Zum Rätselraten lädt das Stadtmuseum auf seiner Facebookseite, www.facebook.com/pages/Stadtmuseum-D%C3%BCsseldorf/351360490882?fref=ts, am Montag, 7. September, um 16 Uhr ein. Wer möchte, kann dann sein Wissen unter Beweis stellen: Das Stadtmuseum lädt ein Foto hoch, auf dem ein Exponat der Sammlungspräsentationen des Museums oder ein Ausschnitt davon zu sehen ist. In der Kommentarfunktion unter dem Foto kann dann diskutiert werden, um wen oder was es sich bei dem Dargestellten handelt, aus welcher Epoche das Objekt stammen könnte und wo die stadtgeschichtliche Relevanz liegt. Ein wissenschaftlicher Mitarbeiter des Museums unterstützt die Diskussion und löst das Rätsel am Ende auf.

Bild Exponat im Stadtmuseum, Foto NDOZ.de