Off Kultur diskutierte mit OB Geisel

Off Kultur: Hoffnungsvolle Premiere

Von Jo Achim Geschke |

Axel Kopp, Künstler Hans Semmik und OB Thomas Geisel SPD bei der Übergabe der Forderungen der off-Kultur. / Foto Jo Geschke NDOZ.de

Neun Vereine der „Off Kultur“ haben sich erstmals zusammengeschlossen. Das ist schon eine kleine Sensation, denn die Künstler dieser Szene arbeiten eher für sich, legen Wert auf ihre Unabhängigkeit . Eine Premiere war es am Samstagnachmittag zudem, denn den Forderungen der Szene lauschten nicht wie sonst nur Kulturpolitiker der Grünen, der Piraten und der SPD – OB Thomas Geisel war persönlich gekommen, um die zehn Forderungen und damit die Kritik der präsenten Off-Vereine anzuhören und zu diskutieren. Wohl in den vergangenen 20 Jahren der erste OB, der die Off-Szene ernsthaft besucht.

Axel Kopp vom Verein „Damen und Herren“, bei dem in der Oberbilker Allee 35 auch die Übergabe der Forderungen an OB Geisel vor etwa 50 Zuhörern ablief, fasste in seiner Begrüßung den Zusammenhang zwischen Stadt und Off-Kultur zusammen: „Die Sexiness einer Stadt bemisst sich zwar nicht ausschließlich an der Dynamik ihrer Off-Kulturszene, aber sie ist neben coolen Internet-Startups, kleinen Einzelhändlern mit selbstgemachten Produkten, Cafés mit Fair-Trade-Latte-Macchiato, Kneipen mit Trödelinventar, verranzten Kellerclubs und Galerien mit Werken von unbekannten Künstlern doch einer der zentralen Faktoren, die die Sexiness einer Stadt bestimmen.

Für das Stadt-Marketing ist Off-Kultur also sicherlich gut und daher auch unterstützenswert im Sinne einer Investition. Den Leuten, die Off-Kultur schaffen, geht es aber in der Regel nicht darum, für die Stadt zu werben. Die Off-Kulturschaffenden sind in erster Linie daran interessiert, ihr Viertel lebenswerter zu machen. So ist Off-Kultur vielleicht nicht der Grund, warum man in eine Stadt zieht, aber für viele ein Grund, warum man in einer Stadt bleibt und sich dort wohlfühlt.

Wenn Off-Kultur sowohl für die Stadt wie auch für die Bürger so wichtig ist, warum redet man dann, wenn man über Kultur spricht, meistens doch wieder von den großen Theatern, Museen und Orchestern? Und warum kommt der allerallergrößte Teil des Kulturbudgets dann doch wieder der Hochkultur zugute? ...“

Bei der Forderung der Kulturvereine, die „Kooperation zwischen städtischen Behörden verbessern“, zeigte sich bei OB Geisel denn doch ein Anflug von Grinsen: „Ich bin fast geneigt, die Künstler einzuladen, bei der Verwaltungsreform mit zu diskutieren“, meinte er scherzhaft. Denn dass Ämter besser zusammen arbeiten, ist ja erklärte Ziel des OB. OB Geisel wurde aber schnell ernsthaft: Dass die Förderung der Vereine und ihrer Aktivitäten unbürokratischer geregelt werden könnten, und die oft Prüfungen der Förderanträge sicherlich einfacher ablaufen könnten, sie durchaus ein Ziel. Dafür müssten vielleicht die Mittel der vier Kultur-Beiräte (Tanz, Musik, bildende Kunst, Literatur) als kompetente Gremien aufgestockt werden.

Dass Räume der Off-Kultur mit ihren Veranstaltungen mit Nachbarschafts-Konflikten zu kämpfen haben, machte Axel Knopp vom Verein „Damen und Herren“ in zwei Sätzen deutlich: „Wir haben keine Nachbarschaftskonflikte mehr. Wir haben auch keine Konzerte mehr.“

Eine Forderung der Vereine scheint – mit Hilfe der Wirtschaft- und Kulturförderung – besonders vielversprechend: Zwischennutzungen von leerstehenden Gebäuden, Ladenlokalen, Industriearealen für die Vereine zu nutzen. OB Geisel sieht das zwar als gute Chance, machte aber auch klar, dass die Bürokratie da doch noch Grenzen setzt: Es gibt meist neue Brandschutzauflagen und Vorschriften für Rettungswege.  

Clara Gerlach (Deilmann), Kulturpolitische Sprecherin der Grünen, und Rajic Strauß, Kulturpolitiker der SPD, begrüßten den ersten Zusammenschluss der Off-Kulturvereine gerade zu begeistert. Mit Stellen für die Off-Kultur und freie Szene und dem Kulturentwicklungsplan  soll die Förderung der Off-Kultur verbessert werden.

Da winkt aus dem Schnürboden des Bühnenbilds einer künftigen Kulturstadt sicherlich die Berühmtheit des New Yorker Off-Broadways ...

Die Off-Kultur, wie sie sich sieht:
„Off-Kultur ist eine Vielzahl an funkelnden Lichtern in einer Stadt – kein Leuchtturm. Sie bildet die Alternative zur etablierten Hochkultur und den Nährboden, aus dem Großes erwächst. Sie stellt kommerziellen Mega-Events viele kleine Veranstaltungen, Ausstellungen und Aktionen entgegen. Oftmals sind es Ehrenamtliche, die sich in Kunst- und Kulturvereinen engagieren und mit teils klassischen, teils experimentellen Formaten die Stadt beleben. Genauso gut können es aber auch Einzelpersonen, Gruppen oder Initiativen sein, die künstlerische Projekte realisieren und zu einem geselligen, weltoffenen und toleranten Klima beitragen. Was Kunst und Kultur ist, wird von den Beteiligten dabei immer wieder neu ausgelotet. Off-Kultur ist mitunter rebellisch und laut, besticht gelegentlich allerdings auch durch sanfte Schönheit, Harmonie und Herzlichkeit.“

(Text Jo Achim Geschke NDOZ.de)

Die Forderungen der Off-Kulturvereine:

1. Angemessene Künstlerhonorare ermöglichen
Die großteils ehrenamtlich betriebenen Off-Kultur-Vereine erhalten zu wenig öffentliche Unterstützung, um die Arbeit der beteiligten Künstler angemessen vergüten zu können.

2. Antragsabrechnung vereinfachen

3. Förderkriterien freier gestalten und vereinheitlichen
4. Projektförderzeitraum ändern

5. Zwischennutzungen fördern

6. Kooperation zwischen städtischen Behörden verbessern
7. Off-Szene in Kulturpolitik einbeziehen
8. Kompetenzen stärken und vermitteln
9. Website für die Off-Szene finanzieren
10. Rettungsschirmchen installieren

Die Unterzeichner des 10-Punkte-Papiers:  

Cabinett, damenundherren e.V., Farbfieber e.V., Metzgerei Schnitzler e.V., onomato Künstlerverein e.V., plan.d. produzentengalerie e.V., reinraum.e.V., Solaris 53 e.V., WP8 e.V.



Die kompletten Forderungen der neun Off-Kulturvereine:

www.off-kulturamt.de/