Gastkommentar von: Boris Bartels

1.500 Düsseldorfer gegen Dittmer sind gut. Aber genügt das, um ein Zeichen zu setzen?

Von Jo Achim Geschke |

Protest am Montag, 19. Jan, Foto NDOZ Jo Geschke

Ich hätte nie gedacht, dass mir dieser Satz einmal mit voller Überzeugung über die Lippen kommt: "Ich bin ein Fan des Papstes (des aktuellen)!"
Mir scheint, dass es tatsächlich nur noch einen gibt, der mit entsprechendem Gehör nicht nur die richtigen Sachen sagt, sondern ohne Ansehen Einzelner, der Institution und des verknöchertem Aufsichtsrates (vulgo: Kurie) nach außen wie nach innen wirkt.

Franziskus lebt und verlangt Bescheidenheit, schert sich einen Teufel ;-) um betonierte Kirchenparadigmen, prangert die Geißeln menschlichen Handelns über alle religiösen Grenzen hinaus an und hat den ausufernden Kapitalismus als unerträglich und Auslöser für Kriege gebrandmarkt.

Da kommt nicht ein/e einzige/r Politiker/in auch nur ansatzweise ran. Sei es, weil ihr/ihm schlicht und ergreifend der Intellekt und/oder geschichtliche Background dazu fehlt, weil sie/er einfach nur machtversessen ist, weil sie/er lobbymäßig geldgesteuerte Entscheidungen gegen das Wohl des Volkes trifft oder Marionette ihrer/seiner Partei ist. Und das wird sich auch nicht mehr ändern.

Ein Prozent der Weltbevölkerung besitzt 50% des Vermögens. Auf diesem Boden wächst Terror, von rechts wie von links, und gründen sich ...digas noch und nöcher, und zu guter Letzt werden die Gesellschaften immer instabiler. Ich wiederhole mich jetzt zum x-ten Male: Wenn gegen die geballte Inkompetenz und die offensichtliche Abgehobenheit vieler Politiker einerseits und das perfide Rattenfängertum der rechten "Ver"-Führer andererseits nicht aus der Mitte der Gesellschaft dagegen gehalten wird, macht sich jeder mitschuldig, kann sich später keiner beklagen.

Und damit zum offensichtlichen Spezialfall Düsseldorf:
2 lauwarme Gegenveranstaltungen, und dann zum Teil erstmal nichts mehr, sind ein fatales Zeichen angesichts der zu allem entschlossenen Dügida-Anmelderin Dittmer. Der "Erfolg" mit zuletzt knapp 1000-2000 Teilnehmern bei der Gegendemo spricht Bände. Woran liegt es?

Einerseits sicherlich an Organisation/Kommunikation/Konzept, aber vielleicht fehlt es in dieser seit 1998 immer mehr entpolitisierten und zuletzt mit gleichförmigen, französisch lautenden Luxus-Wohnquartieren, -höfen, -gärten verbunkerten Stadt auch an viel viel mehr: Muss jetzt - wie es viele Jahre vorgegaukelt wurde - einfach nur ein tolles, weltweit strahlendes Event her, damit alle auf die Straße latschen? Müssen PS-Boliden der DTM wieder mit quietschenden Reifen vor 300.000 (!) Zuschauern die Kö verqualmen? Könnte man da vielleicht parallel mitteilen, dass es nicht so schön ist, dass 200 Meter weiter ein paar Neonazis marschieren?

Vielleicht geht es nur noch so in diesem Dorf, es ist erbärmlich. Düsseldorf wird alles in allem seinem außerhalb der Grenzen so schlechten Ruf gerecht: Mit immer mehr Prunk aus Glas und Beton, mit politischer Oberflächlichkeit, mit dem Austrocknen alternativer Kulturszenen, mit peinlich lächelndem D als Ausdruck unserer ach so tollen Fröhlichkeit.

Die Politik hat mit der Vernachlässigung anderer wichtiger Themen außerhalb des Leuchtturm-Denkens Resignation und Gleichgültigkeit produziert - wer springt da noch für die Stadt in die Bresche? Dabei hätte Düsseldorf viel, viel mehr zu bieten, wofür es sich auch lohnt, auf die Straße zu gehen, damit diese nicht von rechten Rattenfängern missbraucht wird.

Dafür muss aber die Politik nach innen auch Zeichen setzen, bleibt abzuwarten wie es sich unter OB Geisel entwickelt. Und für die Außendarstellung gilt: Das Düsseldorfer Stadtmarketing steht zu Recht in der Kritik mit dem "Verkommen lassen" Düsseldorfs zu einer reinen Event-Metropole, den geldgesteuerten Weihnachtsmarktentscheidungen und ähnlichem. Es hat eine verdammt große Aufgabe vor sich, Düsseldorf wieder richtig darzustellen. Aber mit Substanz. Sonst bleibt es bei mehr Schein als Sein.

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