Wie prägen Forderungen nach Diplomatie die Debatte um die Zeitenwende?

"Düsseldorfer Appell gegen Hochrüstung" im Ukraine-Krieg: Zwischen Friedensforderungen und CDU-Kritik

Düsseldorfer Rathaus, April 2023 / Foto NDOZ

Düsseldorfer Rathaus, April 2023 / Foto NDOZ

In Düsseldorf rückt eine Kundgebung zum Gedenken an den zweiten Jahrestag des Ukraine-Krieges, organisiert seitens des „Düsseldorfer Appell gegen Hochrüstung“, ins Zentrum der öffentlichen und politischen Debatte. Unter dem Motto „Diplomatie statt Waffenlieferungen“ fordert das Bündnis ein Ende des Konflikts durch friedliche Verhandlungen und kritisiert die zunehmende Militarisierung. Gleichzeitig zieht die Veranstaltung scharfe Kritik seitens der Düsseldorfer CDU auf sich.

Die Kundgebung am 24. Februar 2024 vor dem Düsseldorfer Hauptbahnhof versammelt Mitglieder und Unterstützer des „Düsseldorfer Appells gegen Hochrüstung“, um ein klares Zeichen gegen den fortwährenden Ukraine-Krieg und für eine friedliche Konfliktlösung zu setzen. Mit der klaren Botschaft „Diplomatie statt Waffenlieferungen“ appelliert das Bündnis an die internationale Gemeinschaft, die Eskalation der Gewalt zu stoppen und die Militarisierungspolitik der Bundesregierung zu hinterfragen. Dabei setzt sich das Bündnis  für Verhandlungen ein, um den Ukraine-Krieg zu beenden.

Geplante Redner bei der Veranstaltung sind unter anderem der ehemalige Düsseldorfer SPD-Bundestagsabgeordnete und jetzige Vorsitzende der Naturfreunde, Michael Müller, sowie die Düsseldorfer Europaabgeordnete Özlem Alev Demirel (Die Linke), die ihre Perspektiven mit den Teilnehmenden teilen werden.

Scharfe Worte dazu von Thomas Jarzombek, CDU:

Die Unterstützung der SPD für die Kundgebung und deren Positionen provoziert heftige Kritik seitens der Düsseldorfer CDU. Thomas Jarzombek, Parteivorsitzender der CDU in Düsseldorf, äußert seine Verärgerung mit einem deutlichen Appell in Richtung SPD.:

"Wir verlangen von der Vorsitzenden der SPD Düsseldorf, dass sie sich umgehend beim Düsseldorfer Appell entschuldigt und sich ausdrücklich von diesem selbsternannten "Düsseldorfer Appell gegen Hochrüstung und Krieg" distanziert. Dass diese Initiative die wichtige Marke des Düsseldorfer Appells für ihre extremistischen Positionen kapert, ist unsäglich. Absolut unverständlich ist auch, dass die SPD-Vorsitzende gemeinsam mit ihrem Düsseldorfer Kollegen im Deutschen Bundestag persönlich für das Sondervermögen Bundeswehr gestimmt hat und nun eine Kehrtwende zu machen scheint."

Die scharf formulierte Kritik zeigt, wie tief die Gräben zwischen Befürwortern und Gegnern der militärischen Unterstützung der Ukraine und der neuen Aufrüstung Deutschlands mittlerweile sind. Die Düsseldorfer Initiative gegen Hochrüstung wurde von Gewerkschaftsmitgliedern (Verdi und IG BAU), Mitgliedern der SPD und der Linken und Attac gegründet und tauchte im Mai 2022 zu ersten mal auf Facebook auf, die Bedeutung der Seite erscheint mit 158 Followern überschaubar.

Die Kritik an der Namensgebung der Initiative hat den Hintergrund, dass es bereits einen "Düsseldorfer Appell" gibt: "

Der Düsseldorfer Appell, 1991 in einer Zeit vieler ausländerfeindlicher Übergriffe gegründet, versteht sich als überparteiliches bürgerschaftlich verfasstes Bündnis gegen Rassismus, Antisemitismus und religiösen und politischen Extremismus.

Der Trägerkreis des Düsseldorfer Appells besteht aus fünf Ratsfraktionen in der Stadt Düsseldorf, der Evangelischen und Katholischen Kirchen in Düsseldorf, der hiesigen Jüdischen Gemeinde, dem Jugendring Düsseldorf sowie dem Deutschen Gewerkschaftsbund. Darüber hinaus tritt eine lange Liste von Organisationen unterschiedlichster Art als „Unterstützer/innen des Düsseldorfer Appells“ auf. Die Liste reicht von amnesty international über das Eine-Welt-Forum Düsseldorf, Fortuna Düsseldorf bis zu den Düsseldorfer Jonges und den Toten Hosen.

Auf der Website von "Respekt und Mut" einer Initiative, die eng mit dem "ersten" Düsseldorfer Appell verbunden ist, findet sich ein Aufruf zu einer weiteren Kundgebung: Anlässlich des Jahrestags gegen die Ukraine wird dazu eingeladen am Samstag, den 24. Februar, 18 Uhr zum Schadowplatz zu kommen, um die Solidarität mit den Ukrainerinnen und Ukrainern zu bekunden. Mehr dazu

Politischer Kontext und die "Zeitenwende":

Ein zentraler Punkt der Debatte um die Kundgebung und die Aufrüstungspolitik Deutschlands ist die von Bundeskanzler Olaf Scholz im Februar 2022 ausgerufene „Zeitenwende“. Diese markiert einen tiefgreifenden Wandel in der deutschen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, der eine deutliche Erhöhung der Verteidigungsausgaben und die Stärkung der Bundeswehr vorsieht.

Im April 2022 wurde im Bundestag das 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr beschlossen, mit den Stimmen der Ampel-Koalition und der Union. Dieser Schritt bekräftigt Deutschlands Verpflichtung zur Aufrechterhaltung eines glaubwürdigen Abschreckungspotenzials innerhalb der NATO und steht im Kontrast zu den Forderungen nach Diplomatie und Verhandlungen, wie sie der „Düsseldorfer Appell gegen Hochrüstung“ vertritt.

Die unterschiedlichen Perspektiven auf diese „Zeitenwende“ und die Rolle der Bundesrepublik in der internationalen Sicherheitspolitik bilden den Hintergrund für die aktuellen Diskussionen und Demonstrationen. Während die Bundesregierung auf verstärkte Verteidigungsbereitschaft setzt, fordern Friedensbewegungen und Teile der Zivilgesellschaft ein Umdenken und die Priorisierung diplomatischer Lösungen.

Die Kundgebung „Diplomatie statt Waffenlieferungen“ in Düsseldorf greift den dringenden Wunsch vieler Menschen auf, friedliche Lösungen und den Dialog in den Mittelpunkt internationaler Beziehungen zu stellen. Vor dem Hintergrund der „Zeitenwende“ und der verstärkten Verteidigungsausgaben zeigt der Diskurs über die Veranstaltung die komplexen Herausforderungen und Meinungsverschiedenheiten, die die Diskussion um Frieden, Sicherheit und Aufrüstung in Deutschland aktuell prägen.

Interessierte sind aufgerufen, sich der Kundgebung am 24. Februar um 11 Uhr auf dem Konrad-Adenauer-Platz anzuschließen, um gemeinsam für Frieden und gegen die Hochrüstung zu demonstrieren.

Die Diskussion wird an Schärfe noch zunehmen

Dass das Thema "Ukraine" in diesem wichtigen Wahljahr weiterhin kontrovers und scharf diskutiert werden wird, darauf weist auch ein Post des ehemaligen Düsseldorfer OB Thomas Geisel (früher SPD nun BSW) auf Instagram hin. Dort fragt er provokativ:

"Wie lange, liebe sozialdemokratischen Ex-Genossinnen und -Genossen @spdde, wollt Ihr Euch das eigentlich noch gefallen lassen? Zuerst treiben Euch Strack-Zimmermann, Hofreiter und Roth zu einer verhängnisvollen Resolution, die Tod und Zerstörung in der Ukraine mit deutschen Steuergeldern verlängert und den Krieg weiter eskalieren lässt. Anschließend geht die FDP-Frontfrau von der Fahne und stimmt mit der CDU für Taurus. Und Kanzler Scholz schweigt. Willy Brandt würde sich im Grabe herumdrehen."