Ausstellung „Für Draufsetzer“ in der Handwerkskammer

Von Jo Achim Geschke |

Das kommt dabei heraus, wenn Handwerker, Design-Talente und angehende Architekten sich mit der „Idee“ des Stuhls auseinandersetzen: ein „Laufsteg“ für Stühle, Sitzsäcke aus Beton oder ein Liegestuhl, der von der Decke hängt. Kurz: einmalige Sitzgelegenheiten. Noch bis zum 31. Oktober präsentieren junge Design-Talente ausgefallene Sitzmöbel im Foyer der Handwerkskammer. Gestaltende Handwerker sowie Studenten und Absolventen der Akademie für Handwerksdesign Gut Rosenberg, Aachen, der Akademie für Gestaltung der Handwerkskammer Münster und der Peter Behrens School of Architecture (FH Düsseldorf) nutzten die ganze Vielfalt an Materialien wie raues Holz, kühles Metall oder Beton, farbige Seile, Stoff und Leder, um ihre Ideen umzusetzen: mal frei, mal mit einer vorgegebenen Gestaltungsaufgabe, oft spielerisch, immer konstruktiv.

Im Vordergrund stehen die individuelle Herangehensweise und der experimentelle Charakter durch bewusste Wahrnehmung komplexer Entwurfsvorgänge. „Mit der Schau wollen wir Aussteller und Besucher auch dazu einladen, handwerkliche und kreative Erfahrungen zu bewerten und zu diskutieren“, erklärt Organisator Uwe Müller-Biebel. Eine Gelegenheit, mit Handwerkern und Designern, Werkstattleitern, Dozenten und Studenten direkt ins Gespräch zu kommen, bot die gut besuchte Vernissage am vergangenen Sonntag, die Kammerpräsident Andreas Ehlert vor gut 250 geladenen Gästen offiziell eröffnete. Mit einem Zitat von Ludwig Mies van der Rohe verwies er auf die prominente Beschäftigung mit dem Thema „Sitzen“: „Es ist einfacher, einen Wolkenkratzer zu entwerfen als einen Stuhl.“

Die Handwerks-Akademien in Aachen und Münster sowie die Kreativ-Studiengänge der Fachhochschule Düsseldorf bilden ein wichtiges Bindeglied zwischen Handwerk, Kunst und Design. Nicht selten vervollkommnen hier gestandene Handwerksmeister ihre gestalterischen Fähigkeiten – und erweisen sich damit als besonders erfolgreich. Sichtbar nicht zuletzt an vielen Wettbewerben, in denen sich besonders jene kreativen Köpfe auszeichnen, die auf eine solide handwerkliche Grundlage bauen können. Beispiele in der Ausstellung gibt es viele, so Steinmetz Matthias Kohn, der mit einem Betonhocker 2008 die „DesignTalente“ gewann oder Metall-Stühle von Winfried Schneider, die ebenfalls 2008 ausgezeichnet wurden. Ausstellungsbesucher können außerdem anhand von Prototypen und Weiterentwicklungen einen spannenden Einblick in Entwurfs- und Herstellungsprozesse gewinnen.

„Wir setzen eins drauf!“ verdeutlicht deshalb nicht nur den Qualitätsanspruch des Handwerks, es eignet sich auch als künstlerisches Leitmotiv für die Auseinandersetzung mit dem „ältesten Sitzmöbel der Welt“. Die unterschiedliche Ausrichtung der Studiengänge ist an den Exponaten abzulesen und stellt mal das Handwerkliche, mal Idee und Entwurf in den Fokus. Interessant auch die Vielzahl der Objekte, mit denen die Studenten der FH aufwarten. Ihnen standen für ihre Arbeiten drei festgelegte Materialien zur Verfügung: Besenstiele, MDF-Platte und farbige Seile.

Die Ausstellung ist noch bis zum 31. Oktober 2014 in der Handwerkskammer zu sehen, geöffnet montags bis freitags von 10 bis 19 Uhr, samstags von 10 bis 14 Uhr (sonn- und feiertags geschlossen). Der Eintritt ist frei. Zur Ausstellung erscheint ein Katalog.

(Foto Vernissage HWK Wilfried Meyer)