Stadtnachrichten | Politik & Soziales: Stadt und Polizei bauen Hilfs- und Sicherheitsangebote rund um den Hauptbahnhof aus.
Projekt „Sicherheit im Bahnhofsumfeld“: Düsseldorf richtet Aufenthaltszelt an der Moskauer Straße ein
Von
Alexandra Scholz-Marcovich
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Aufnahme vom Januar 2024 an der Moskauer Straße/ Foto: Alexandra Scholz-Marcovich, NDOZ
Aufnahme vom Januar 2024 an der Moskauer Straße: Unter der Brücke haben sich direkt an den Gleisen provisorische Schlafplätze und Müll angesammelt – eine Situation, die seit Langem besteht und für niemanden sicher ist. / Foto: Alexandra Scholz-Marcovich, NDOZ
Wer an der Moskauer Straße entlanggeht oder mit dem Auto über die Brücke in Richtung Werdener Straße fährt, muss nur einmal über das Geländer nach unten schauen: Direkt an den Gleisen liegen Zeltplanen, Müll und improvisierte Schlafplätze.
Zwischen Rohrleitungen, Böschungen und Beton haben sich Menschen notdürftige Unterkünfte eingerichtet – ein paar Meter unterhalb des Alltagsverkehrs, aber mitten in der Stadt. Unsere NDOZ-Fotos stammen aus dem Januar 2024. Sie zeigen eine Situation, die dort schon seit Langem besteht und für niemanden sicher ist: weder für die Menschen, die dort übernachten, noch für diejenigen, die sich im Umfeld des Hauptbahnhofs bewegen.
Jetzt will die Stadt nachsteuern: Mit einem beheizten Aufenthaltszelt an der Moskauer Straße 23 und einer Weiterentwicklung der Unterkunft an der Eisenstraße sollen zusätzliche Schutz- und Aufenthaltsmöglichkeiten entstehen. Gleichzeitig geht die Polizei weiter mit Kontrollen gegen eine „offene Szene“ vor – wie wir vor wenigen Tagen berichtet haben.
Rückblick: Polizei-Einsatz am Hauptbahnhof
Ende November war die Polizei mit rund 50 Beamt:innen im Umfeld des Hauptbahnhofs im Einsatz. Im Fokus standen dabei vor allem Drogenkriminalität und eine offene Szene rund um den Bahnhof.
Bilanz des Einsatzes: 113 kontrollierte Personen, 24 Strafanzeigen – überwiegend wegen Betäubungsmitteldelikten –, vier Festnahmen, mehrere Platzverweise und Gefährderansprachen. NDOZ hatte darüber in den Stadtnachrichten berichtet.
Die Bilder der Polizei zeigten bereits damals, wie nah Kontrolle, Unsicherheit und extreme Lebenssituationen im Bahnhofsumfeld beieinander liegen: Notunterkünfte entlang der Gleise, sichergestelltes Drogenbesteck, Einsatzfahrten durch die Nacht.
Neues Aufenthaltszelt an der Moskauer Straße 23
Mit dem aktuellen Schritt betont die Stadt nun stärker die soziale Seite des Projekts „Sicherheit im Bahnhofsumfeld“ (SiBu).
Aufnahme vom Januar 2024 an der Moskauer Straße / Foto: Alexandra Scholz-Marcovich, NDOZ
Aufnahme vom Januar 2024 an der Moskauer Straße: Zwischen Rohrleitungen, Gestrüpp und Böschung haben sich Menschen notdürftige Schlafplätze eingerichtet – nur wenige Gehminuten vom Hauptbahnhof entfernt. / Foto: Alexandra Scholz-Marcovich, NDOZ
Ab dem 13. Dezember 2025 soll an der Moskauer Straße 23, dem Gelände der ehemaligen Wohnmodulanlage, ein beheiztes Aufenthaltszelt entstehen. Es liegt fußläufig vom Hauptbahnhof entfernt – also in unmittelbarer Nähe zu den Orten, an denen viele Betroffene ihren Alltag verbringen.
Das Zelt ist für den Tagesaufenthalt gedacht.
Es wird mit Wärmestrahlern und mobilen Heizgeräten ausgestattet.
Es dient als flexible Ergänzung, wenn die bestehenden Tagesaufenthalte an ihre Kapazitätsgrenzen kommen.
Gerade in den Wintermonaten kann so ein Angebot lebenswichtig sein – und zugleich eine Alternative dazu, in improvisierten Lagern zwischen Gleisen, Rohren und Böschungen zu übernachten.
Eisenstraße: Unterkunft soll schrittweise zur Unterstützungsstruktur werden
Parallel will die Stadt die kommunale Unterkunft an der Eisenstraße weiterentwickeln. Die Flächen sollen „möglichst schnell nutzbar“ gemacht werden, um zeitnah wirksame Hilfen für Menschen bereitzustellen, die sich regelmäßig im Bahnhofsumfeld aufhalten.
Geplant sind laut Stadt:
eine schrittweise Aktivierung der Flächen,
Außen- und Hofflächen als gestaltete, sichere Aufenthaltsbereiche,
medizinische, psychosoziale und weitere Beratungsangebote, zugeschnitten auf die Situation vor Ort,
Ruheräume und Funktionsflächen,
eine 24/7 nutzbare Unterstützungsstruktur.
Die derzeit an der Eisenstraße untergebrachten Personengruppen sollen in andere Einrichtungen verlagert werden, bevor das neue Konzept startet. Die Stadt betont, dass alle Betroffenen „passende Unterstützungsangebote“ erhalten sollen.
Projekt „Sicherheit im Bahnhofsumfeld“: Kontrolle und Hilfe
Das Projekt „Sicherheit im Bahnhofsumfeld“ (SiBu) läuft seit Herbst 2024. Es wird gemeinsam von Stadt, Polizei und Bundespolizei getragen und verfolgt mehrere Ziele:
mehr öffentliche Sicherheit und Ordnung,
ein besseres Sicherheitsempfinden,
höhere Aufenthaltsqualität und Sauberkeit,
Stärkung sozialer und gesundheitlicher Hilfsangebote.
Dafür wurden eine eigene Projektstruktur, kurze Entscheidungswege und eine engere Zusammenarbeit mit Deutscher Bahn, Rheinbahn, sozialen Trägern, Anwohnenden und Gewerbetreibenden aufgebaut.
Der aktuelle Polizei-Einsatz und die neuen Angebote an der Moskauer Straße und an der Eisenstraße zeigen, wie sehr das Projekt auf zwei Säulen steht: Kontrolle und Präsenz auf der einen Seite – Unterstützung und Hilfen auf der anderen. Beide Perspektiven gehören zusammen.
Ein sozialer Blick auf Sicherheit
Wer sich die Lage rund um Hauptbahnhof, Moskauer Straße und Werdener Straße genauer anschaut, merkt schnell: Die Situation ist für niemanden tragbar.
Aufnahme vom Januar 2024 unter der Brücke an der Moskauer Straße / Foto: Alexandra Scholz-Marcovich, NDOZ
Aufnahme vom Januar 2024 unter der Brücke an der Moskauer Straße: Provisorische Schlafplätze, Zeltplanen und Müll direkt an den Gleisen – eine gefährliche Situation für die Menschen vor Ort und für den Bahnverkehr. / Foto: Alexandra Scholz-Marcovich, NDOZ
Für die Menschen, die in provisorischen Unterkünften an steilen Böschungen, unter Brücken oder zwischen Rohrleitungen schlafen müssen – ohne Schutz, ohne Heizung, oft ohne sanitäre Versorgung.
Für Anwohner:innen, Pendler:innen und Beschäftigte, die sich unsicher fühlen, wenn sie abends im Dunkeln unterwegs sind.
Für Einsatzkräfte, die an Orten arbeiten, die kaum zugänglich und potenziell gefährlich sind.
Sicherheit im Bahnhofsumfeld bedeutet deshalb mehr als „Wegkontrollieren“. Sie heißt auch, Lebensbedingungen zu schaffen, die nicht lebensgefährlich sind – für niemanden.
Mit dem Aufenthaltszelt an der Moskauer Straße und dem neuen Konzept an der Eisenstraße gehen Stadt und Sozialverwaltung einen Schritt in diese Richtung.
Ob die neuen Angebote tatsächlich diejenigen erreichen, die bislang unter Brücken und an Böschungen schlafen, wie sich das Zusammenleben im Bahnhofsumfeld verändert und ob sich das Sicherheitsgefühl aller Beteiligten verbessert – das wird sich in den kommenden Monaten zeigen.