Gewerkschaft NGG warnt: „Geplante 520-Euro-Jobs sind nicht krisenfest“

In der Pandemie 3.000 Minijobs in Düsseldorf verloren gegangen

Wenn der Cappuccino kein Lächeln mehr hat: Wer in der Gastronomie arbeitet, hat oft nur einen Minijob. Doch in der Pandemie werden solche Stellen oft zur Falle, sagt die NGG. Die Gewerkschaft warnt mit Blick auf die Pläne der Bundesregierung vor mehr „wackeligen Jobs im neuen 520-Euro-Format“ / Foto © NGG, Alireza Khalili

Wenn der Cappuccino kein Lächeln mehr hat: Wer in der Gastronomie arbeitet, hat oft nur einen Minijob. Doch in der Pandemie werden solche Stellen oft zur Falle, sagt die NGG. Die Gewerkschaft warnt mit Blick auf die Pläne der Bundesregierung vor mehr „wackeligen Jobs im neuen 520-Euro-Format“ / Foto © NGG, Alireza Khalili

Wenn Corona den Job kostet: In der Pandemie ist die Zahl der Minijobs in Düsseldorf deutlich zurückgegangen. Mitte vergangenen Jahres gab es in der Stadt rund 73.600 Stellen auf 450-Euro-Basis – das sind 3.000 weniger als zwei Jahre zuvor (minus 4 Prozent). Besonders betroffen ist das Gastgewerbe: Hier gingen im selben Zeitraum rund 2.400 Minijobs verloren – ein Einbruch von 23 Prozent. Das teilt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten mit.

Die NGG beruft sich hierbei auf Zahlen der Bundesagentur für Arbeit. Danach sank die Zahl der geringfügig entlohnten Arbeitsverhältnisse in ganz Nordrhein-Westfalen binnen zwei Jahren um 109.700 beziehungsweise 6 Prozent (Gastgewerbe: minus 48.600 / 21 Prozent).

„450-Euro-Kräfte zählen zu den Hauptverlierern der Pandemie. Von der Küchenhilfe im Restaurant bis zur Verkäuferin an der Bäckereitheke – viele Minijobber leben in ständiger Angst, gekündigt zu werden. Dabei haben sie weder Anspruch auf das Arbeitslosen- noch auf das Kurzarbeitergeld“, kritisiert Zayde Torun, Geschäftsführerin der NGG-Region Düsseldorf-Wuppertal.

Die Gewerkschafterin warnt davor, dass künftig noch mehr Menschen in solche unsicheren Jobs abrutschen könnten und damit zu prekären Bedingungen arbeiten müssten.

„Wenn die Bundesregierung die Verdienstgrenze bei den Minijobs anhebt, dann dürfte das viele reguläre Arbeitsplätze verdrängen. Für die Betroffenen, zu einem Großteil Frauen, wird das zur Karrierefalle. Und spätestens im Alter ist Armut vorprogrammiert“, so Torun.

Nach den Plänen der Berliner Ampel-Koalition sollen Minijobber künftig 520 statt wie bislang 450 Euro im Monat verdienen können – ohne dafür beispielsweise automatisch arbeitslosenversichert zu sein. Den entsprechenden Gesetzentwurf, über den der Bundestag noch im Frühjahr beraten wird, kritisiert die Gewerkschaft scharf:

„Die Politik baut prekäre und krisenanfällige Stellen weiter aus, statt sie einzudämmen. Das ist ein Irrweg – gerade nach den Erfahrungen mit Corona. Viele Minijobber haben bei der Kurzarbeit in die Röhre geguckt oder ihre Stelle verloren.“

Die NGG verweist auf den Koalitionsvertrag. Darin schreiben SPD, Grüne und FDP, es müsse verhindert werden, „dass Minijobs als Ersatz für reguläre Arbeitsverhältnisse missbraucht oder zur Teilzeitfalle werden“.

Die Gewerkschaft ruft deshalb die heimischen Bundestagsabgeordneten der Ampel-Koalition dazu auf, sich an dieses Versprechen zu halten und „das Gesetz auf solide Füße zu stellen“. Abhilfe könne langfristig allerdings nur eine grundlegende Reform schaffen: Für Minijobs müsse bereits ab dem ersten Euro die Sozialversicherungspflicht gelten. Erst wenn Sozialabgaben, Kranken-, Pflege- und Rentenversicherungsbeiträge gezahlt würden, könnten Beschäftigte wirksam geschützt werden.

Nach Einschätzung von NGG-Regionalchefin Zayde Torun hätte dies positive Effekte vor Ort: „Die Abschaffung der Sonderregelungen für Minijobs würde dabei helfen, den Fachkräftemangel zu bekämpfen. In Düsseldorf klagen vor allem Hoteliers und Wirte, kein Personal mehr zu finden. Aber Fachleute gewinnt man nicht, indem man kaum abgesicherte Stellen mit wenigen Wochenstunden bietet, sondern reguläre Arbeitsverträge mit Perspektive und sozialem Netz. Davon würden am Ende alle profitieren – die Beschäftigten, die Betriebe und durch höhere Einnahmen auch der Staat und die Sozialversicherungen.“