Weltflüchtlingstag – ein Kommentar

Abschiebungen sind unverständlich und inhuman

Von Jo Achim Geschke |

Der syrische Flüchtling Vissam (Mitte neben Hildegard Düsing-Krems) beim Fest der Vielfalt im Gespräch mit Politikern der Grünen (aus Sicherhietsgrüneden Gesicht unkenntlich)/ Foto Jo Achim Geschke

Ein Syrer, der in der vergangenen Woche beim „Fest der Vielfalt“ noch mit Politikern diskutieren konnte, wurde nach Bulgarien abgeschoben. Am heutigen Samstag ist Weltflüchtlingstag. Anlass zum Feiern gibt er ganz sicher nicht. In Düsseldorf bemühen sich Flüchtlingsbeauftragte Miriam Koch, Stadt, private Initiativen und Wohlfahrtsverbände, dem zunehmenden Strom an Flüchtlingen menschenwürdig unterzubringen. Wie aber Abschiebungen – teils mitten in der Nacht – vom Ausländeramt mit einer menschenwürdigen Behandlung vereinbar sind, sollte in der Politik jetzt schleunigst diskutiert werden.

Die ehrenamtlich Aktiven von „Flüchtlinge willkommen in Düsseldorf“  sind entsetzt und verärgert: Der von Gerresheimern unterstützte Syrer Vissam, der an der Manthenstraße untergebracht worden war, wurde noch bei einem Termin im Ausländeramt in Arrest genommen und am gleichen Tag abgeschoben. Ausgerechnet nach Bulgarien. Dort, so hatte er Gerresheimern berichtet, wollte er auf seiner Flucht aus Syrien keineswegs seine Fingerabdrücke abgeben, aber man habe ihn gezwungen und dabei sogar Finger seiner Hand gebrochen. Bulgarien ist, so berichten es Experten, nicht gerade für eine humane Behandlung der Flüchtlinge bekannt.  Vissam stammt aus Aleppo – einer Stadt, in der immer noch Kämpfe toben und die Stadt fast komplett zerstört ist.

Flüchtlinge können nach „Dublin III“ in das Land abgeschoben werden, in das sie zuerst eingereist sind. Eine unsinnige europäische Entscheidung, denn die meisten kommen schließlich über Italien, Spanien, Griechenland und dann auf dem Landweg nach Deutschland.

Vissam hatte in Düsseldorf in Radiointerviews und in Gesprächen mit Politikern auf Englisch über die Flucht und die Situation von Flüchtlingen gesprochen. Syrer sollten eigentlich in Deutschland schnellstens einen Aufenthaltsstatus bekommen. Vissam hatte – wohl wegen Sprachschwierigkeiten – offenbar einige amtliche Vorschriften übersehen. Beim „Fest der Vielfalt“ hatte er seine und die Sorgen anderen Syrer mit Politikern der Grünen und anderer Parteien vorgebracht.

„Wie kann eine Stadt, an deren Rathaus das Transparent „Humanität, Respekt und Vielfalt“ hing, solche Abschiebungspraktiken zulassen“, fragt sich Hildegard Düsing-Krems, aktive ehrenamtliche Helferin bei der Initiative „Flüchtlinge sind willkommen.“

Die Frage ist allerdings, wie das Ausländeramt, dem Dezernat von Beigeordnetem Stephan Keller unterstellt, mit Abschiebungen umgeht. Schließlich geht es immer auch um Ermessensspielräume, die auch bei Einhaltung von amtlichen Vorschriften  ausgenutzt werden können.

Das Ausländeramt steht allerdings bereits in der Kritik etlicher Ampel-Politiker. Etwa wegen Nachtabschiebungen: Erwachsene, auch Familien mit Kindern, werden wie berichtet nachts ohne Ankündigung abgeholt, Kinder werden aus einem sicheren Umfeld mit neuen Freunden herausgerissen. Nach Informationen von NDOZ.de ist bereits ein Schreiben von OB Thomas Geisel in Arbeit, um Nachtabschiebungen in Düsseldorf – ähnlich wie bereits  in anderen Städten – einzustellen. Das geht durchaus, denn Plätze in frühen Flüge, die von den übergeordneten Landes- und Bundesbehörden (etwa der Bezirksregierung Arnsberg) bereitgestellt werden, „müssen ja nicht belegt werden, man kann ja auch spätere Plätze buchen“, stellt Oliver Ongaro von der Flüchtlingshilfe „Stay!“ klar.

Abschiebungen in der Nacht heißt zwischen neun Uhr abends und vier Uhr morgens. Wie berichtet, wurden in diesem Jahr laut Stadtverwaltung 94 Personen abgeschoben. 31 Menschen, also ein Drittel, wurden nachts abgeschoben.

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