DGB fordert Aktionsprogramm gegen Armut

Über 16.600 Kinder leben von Hartz IV in Düsseldorf

Von Jo Achim Geschke |

Grafik Kein geld für Schuhe, NDOZ Jo Geschke

Rund 63 Prozent der der Hartz IV- Berechtigte im Alter von 7 bis 14 Jahren sind vier Jahre von Hartz IV abhängig. Wenn Menschen aus der gesellschaftlichen Teilhabe ausgegrenzt werden, weil sie zu wenig Geld haben, wenden sie sich von der Politik ab, und manche radikalisieren sich. Kinder haben wegen der Armut ihrer Eltern weniger Chancen als besser gestellte Gleichaltrige. Das alles ist durch Studien längst belegt. Der DGB fordert nun ein kommunales Aktionsprogramm für Beschäftigung mit Mitteln des Bundes, damit kein Kind dauerhaft in einer Familie in Armut aufwachsen muss.

Sozialverbände wie der Paritätische verweisen längst darauf, wie benachteiligt Familien durch Hartz IV sind, weil sie in Armut leben – wenn Armut auch heißt, nicht wirklich am gesellschaftlichen Leben, an Kultur und Freizeit und Kommunikation teilhaben zu können.  

 „Die Armut bei Kindern wird in Deutschland oft beklagt, aber wenn es darum geht, sie zu bekämpfen, dann passiert wenig. Das passt nicht zusammen“, so Sigrid Wolf, DGB Stadtverbandsvorsitzende. In Düsseldorf leben immer noch 16.607 Kinder in Hartz-IV-Verhältnissen. Dies sind 21,7 Prozent aller in Düsseldorf lebenden Kinder unter 15 Jahren. Damit ist die Hartz-IV-Armut unter Kindern fast doppelt so stark verbreitet wie bei Menschen im Erwerbsalter. Dort liegt die Quote „nur“ bei 11,2%.

Nach zehn Jahren Hartz IV ist die Armut von Kindern in Düsseldorf deutlich gestiegen. Die Zahl der Kinder im Hilfebezug ist von über 14.000 in 2005 auf über 16.000 angestiegen und verharrt seit 2012 auf diesem hohen Niveau.

 „Besonders kritisch ist, dass gerade Kinder meist lange auf Hartz-IV-Niveau leben müssen, so die DGB-Vorsitzende. Die Armutsforschung zeige deutlich, dass gerade längere Lebensphasen in Armut bei Kindern deren berufliche und persönliche Chancen im gesamten Leben nachhaltig schädigen. In Düsseldorf sind 52,6% der erwerbsfähigen Hartz-IV-Bezieher/innen vier Jahre oder länger im Hilfebezug. Bei den 7- bis 14-Jährigen sind es hingegen 62,5%.

 Deshalb fordert der DGB ein Aktionsprogramm gegen Kinder- und Familienarmut. Der Bund sollte die Hälfte seiner Mehreinnahmen infolge der Einführung des Mindestlohns für diesen Zweck aufwenden. Mit regionalen Netzwerken, auch bei uns in Düsseldorf, sollte es dann unter Einschluss der Kommune, der Sozialpartner, Wohlfahrtspflege und Vereinen, umgesetzt werden. Ziel ist, dass kein Kind in einer Familie aufwächst, in der beide Eltern dauerhaft keiner Erwerbstätigkeit nachgehen oder an einer Fördermaßnahme teilnehmen. Bei Alleinerziehenden sollte zumindest eine sozialversicherte Teilzeitarbeit das Ziel sein. „Hartz IV darf nicht zum ‚Lebensstil´ werden oder gar vererbt werden, sondern sollte endlich zu dem werden, was ursprünglich politisch intendiert war: Hilfestellungen aus einer Hand zur Überwindung einer vorübergehenden Notlage“, so Wolf.

Zahlen und Fakten

Noch einige Zahlen : Eine „Bedarfsgemeinschaft“ – ohnehin ein verschleierndes Wort – erhält laut Arbeitsagentur-Statistik in Düsseldorf  inklusive Unterkunft und Heizung in Düsseldorf im Schnitt 981 Euro monatlich.  Rund 23 Prozent der inder und Jugendlichen mit Hartz IV sind Ausländer.

Die gerade veröffentlichten Zahlen des Arbeitsmarktberichts vom Dezember 2014 sprechen eine klare Sprache: Rund 11.500 der Arbeitslosen sind laut Arbeitsagentur „Langezeitarbeitslose“, also länger als ein Jahr ohne Job. Mehr als 46.000 „arbeitsfähige“ Menschen leben in über 34.100 „Bedarfsgemeinschaften“, beziehen also Alg II (Hartz IV).

 Die Ampel zu Beschäftigungsförderung

 Die Ampel (SPD, Grüne und FDP) im Rat hat in ihrer Kooperationsvereinbarung für dieses Jahr ein Programm festgelegt, dass nun in den nächsten Monaten umgesetzt werden müsste:

„Um eine Stärkung der Träger von Berufsbildungsangeboten zu erreichen, werden die in den letzten Jahren erfolgten Kürzungen bei den beiden städtischen Töchtern Zukunftswerkstatt Düsseldorf (ZWD) und Jugendberufshilfe (JBH) zurückgenommen.

Wir werden die kommunale Beschäftigungsförderung u. a. mit der Einrichtung eines sozialen Arbeitsmarkts unterstützen. Für die Beschäftigungspolitik und Qualifizierung mit dem Ziel der Integration auf dem 1. Arbeitsmarkt, werden zusätzliche Mittel in den Haushalt eingestellt.“ Und in einem gemeinsamen Antrag im Rat heißt es:

1. Der Rat beauftragt die Verwaltung, eine Haushaltstelle „Kommunale Beschäftigungsförderung“ einzurichten.
2. Im Haushaltsjahr 2015 werden Haushaltsmittel in Höhe von 2,2 Millionen Euro für diesen Zweck bereitgestellt und für die Folgejahre fortgeschrieben.
3. Der Rat richtet einen aus Politik und Verwaltung (Wirtschaftsförderung, Amt für Soziale Sicherung und Integration und Stadtplanungsamt) zusammen gesetzten Lenkungskreis ein, der einen Vorschlag für die Vergabe der Mittel erarbeitet und dem Rat zur Entscheidung vorlegt.

Die Mittel werden für folgende Zwecke eingesetzt: a. Einrichtung von zusätzlichen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen für Langzeitarbeitslose (50+) bei Beschäftigungsträgern. b. Berufliche Qualifizierung für Arbeitslose, die durch das Jobcenter Düsseldorf im arbeits-marktpolitischen Instrument "Arbeitsgelegenheit" (AGH) gefördert werden. Ergänzend wird geprüft, wo zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeiten eingerichtet werden können. c. Aufbau einer Mittelreserve für notwendige, nicht durch andere Haushaltsmittel gedeckte Ko-Finanzierung von EU-Programmen.