Justiz im Nationalsozialismus, Broschüre

Aufarbeitung der NS-Unrechts-Justiz 1933 bis nach 1945 in Düsseldorf

Von Jo Achim Geschke |

Stellten das Buch vor (v. l.): Dr. Bastian Fleermann, Anne-José Paulsen, Dr. Jürgen Kron, Hildegard Jakobs und Dr. Peter Henkel,(c)Landeshauptstadt Düsseldorf/Michael Gstettenbauer

Zwischen 1933 und 1945 fällten Düsseldorfer Gerichte 88 Todesurteile und Urteile über politische Gegner, Homosexuelle, sogenannte „Feinde“ des Nazi-Staates. Ein neuer Band in der "Kleinen Schriftenreihe der Mahn- und Gedenkstätte" arbeitet nun die Unrechtsurteile in Düsseldorf auf sowie die Juristen, die in der Nazizeit Karriere machten. Der 90-seitigen Band wurde jetzt unter anderem von Anne-José Paulsen, bis 2018 Präsidentin des Oberlandesgerichts, vorgestellt, die sich um die Aufarbeitung der Justizgeschichte während der NS-Zeit besondere Verdienste erworben hat.

Anne-José Paulsen wurde am Montag, 26. November, durch NRW-Justizminister Peter Biesenbach in Düsseldorf offiziell verabschiedet.

Eine Ausstellung des Bundes-Justizministeriums noch unter Heiko Maas hatte in diesem Jahr im Gerichtsgebäude an der Werdener Straße bereits dargestellt, dass viele Richter und Staatsanwälte sowie hohe Mitarbeiter des Nazi-Justizveraltung auch nach 1945 weiter in Deutschland wirkten. So waren in der sogenannten „Rosenburg“, dem Justizministerium in Bonn Kessenich, 1957 noch 76 % der Mitarbeiter ehemals in der NSDAP gewesen, sowie 22 % in der SA, 1963 (Beginn des Auschwitz-Prozesses) noch 55 % ehemalige NSDAP-Mitglieder.

Hier sei aber auch an den unbeugsamen Fritz Bauer erinnert, der als hessischer Generalstaatsanwalt gegen Widerstände in der Justiz dafür sorgte, dass der Auschwitz-Prozess 1963 gegen die Verantwortlichen des Massenmordes zustande kam.

NS Justiz in Düsseldorf

Erstmals bietet der Band aus der Mahn- und Gedenkstätte nun einen historischen Überblick über die Rechtsprechung im nationalsozialistischen Düsseldorf. Behandelt werden nicht nur das Oberlandesgericht oder das Amts- und Landgericht an der Mühlenstraße, sondern auch die Sondergerichtsbarkeiten, die Staatsanwaltschaften sowie die Praxis im Strafvollzug. Deutlich wird dabei, dass in ausnahmslos allen Kammern, die es zwischen 1933 und 1945 in der Stadt gab, nationalsozialistisches Unrecht gesprochen wurde. Zusätzlich werden auch die Akteure und ihre Werdegänge beleuchtet - sowohl entlassene oder in die Emigration gedrängte "nichtarische" Juristen als auch diejenigen, die unter dem NS-Regime als Juristen Karriere machten.
Düsseldorfer Gerichte fällten mindestens 88 Todesurteile, entschieden über Zwangssterilisationen, Enteignungen oder Zuchthausstrafen. Die Richter urteilten über politische Gegner unter dem Vorwand des "Hochverrats" und Homosexuelle wegen "widernatürlicher Unzucht".

Der Band gibt auch einen Ausblick auf die Nachkriegsjahrzehnte, in denen die NS-Zeit verschwiegen wurde: Erst in den 1980er und 1990er Jahren begannen die Düsseldorfer Justizbehörden langsam damit, sich kritisch mit ihrer eigenen Geschichte auseinanderzusetzen. Somit spannt das reich bebilderte Buch einen weiten Bogen von 1933 bis zur Gegenwart. Es richtet sich an geschichtsinteressierte Laien, Jurastudierende und Justizbeamte.