D'Haus- Beginn neuer Spielzeit – Theater in der Stadt

Das Theater kommt in die Stadt : Die Premieren im September

Von Jo Achim Geschke |

Schauspielhaus D‘Haus Zelt Corneliusplatz / Foto Jo Achim Geschke NDOZ.de

Früher, vor einigen Jahren, war das Theater ja doch eher eine Auftrittsstätte (in größerem Ausmaß die Oper) auch für die kulturbeflissenen Provinzler, die sich für Städter hielten, und die der Kultur auswichen, weil sie eigentlich nicht mitdenken wollten. Und im gepflegten Vorgarten ihrer Vorurteile schon gar nicht mit neuen Moden konfrontiert werden wollten (außer von Gucci und Bulgari vielleicht). Das hat sich geändert. Selbst wer Kultur nur als Maske ins Theater trug, kann dem Schauspielhaus nun nicht mehr ausweichen: Das Theater kommt in die Stadt. Mitten hinein. Ab 15. September. Im Zelt - und auf der Bühne.

Düsseldorf bekam unter dem früheren OB und dem früheren Planungsdezernenten (keineswegs nur beigeordnet) ein Balletthaus, jetzt haben wir an der Kö lediglich ein Zirkuszelt für das Theater … Nein, nein, ganz so einfach ist es nicht. „Hängt die Wäsche weg, die Gaukler kommen“ – an den uralten Spruch mag vielleicht mancher gedacht haben, als er das Zelt als Stätte der Schauspielkunst an der Kö, dem Pol, ja der Weltmitte des noblessen Konsums sah.

Aber dieses Zelt, in dem am 15. September die Premiere des „Gilgamesh“ und damit die neue Spielzeit des neuen Intendanten Wilfried Schulz beginnt, verbirgt unter der temporären, vergänglichen Kuppel genau das, was Intendant Schulz nachhaltig will: Ein Theater, das in der Stadt spielt, mitten hinein, mit Inszenierungen, den man nicht ausweichen kann, die in Bürgerhäusern und Altenzentren, in Jugendclubs und eben mitten im Innenstadt-Zelt ein Haus bieten für Theater, dass sich auch dem Leben in der Stadt stellen will. „D‘Haus“ steht auf dem Zelt. Das ist nicht nur ein – übrigens sehr gelungenes – Logo, das ist ein Programm, wie Intendant Schulz es schon bei der Vorstellung des neuen Theaterkonzepts in der Pressekonferenz im April formulierte: „Es ist auch ein Bekenntnis zur Stadt.“ Das bringt auch andere Schwerpunkte als bisher, wie es Schulz formulierte: „Ich halte es für wichtig, dass das Theater sich nicht in dunkle Ecken verzieht. Wir wollen den Zuschauern entgegen kommen.“ Schon die Programmhefte gehören zu dem Konzept, „“bunt zu sein“, der gedruckte Spielplan ist „großformatig und sinnlich, mit viel zu lesen und mit vielen Gedanken – so ein Theater wollen wir sein“,so Schulz.

 

Das Zelt passt aber auch zum Provisorium der Spielstätte Central am Hauptbahnhof, in der ehemaligen Post, die mit seinem Charme der Produktionsstätte, der Fabrik, die neue Sicht- und Spielweisen eröffnet und uns etwa bei Brechts Arturo Ui sehr gefallen hat (außer dem Ui). Vielleicht ist es eine hintergründige Form der Ironie der Kulturgeschichte, dass der neue Intendant, der vieles Neu macht im „Central“, mit einer Premiere im Zelt beginnt. Premiere mit „Gilgamesh“ und Gogols „Revisor“

Und was für einer Premiere : Am Donnerstag, dem 15.9. um 19:00, feiert das D‘Haus die Eröffnungspremiere im Theaterzelt auf dem Corneliusplatz: Gilgamesh, das älteste Epos der Menschheit, fast so alt wie unsere Zivilisation, in der poetischen Bearbeitung von Raoul Schrott. Es entstand vor fünftausend Jahren im heutigen Gebiet Syriens und des Irak, hat also auch einen sehr aktuellen Bezug. Im 19. Jahrhundert fand man es, notiert auf Tontafeln, in den Trümmern der Bibliothek von Ninive. Es ist eine abenteuerlichen Reise, die ans Ende der Welt führt, eine Geschichte über Freundschaft, von einem, der auszieht, um das Geheimnis der Unsterblichkeit zu lüften – und den Sinn des Lebens findet. Es inszeniert Roger Vontobel. er gehört zu den prägenden Regisseuren seiner Generation. Er inszenierte u.a. in Hamburg, München, Frankfurt, Bochum und Dresden. Mit Beginn der Saison 2016/17 wird er Hausregisseur am Düsseldorfer Schauspielhaus.

 Nicht mit, sondern für Jugendliche und Jung gebliebene startet die Eröffnung des Jungen Schauspiels in der Münsterstraße 446. Dort begrüßt die Düsseldorfer das Junge Schauspiel am Sonntag, dem 18.9. um 16:00, mit der Uraufführung „Meine Schwester Sheherazade“: Jenseits aller Klischees von Exotik erzählt die junge Autorin Mathilda Fatima Onur eine der berühmtesten Geschichten des Orients neu. Sheherazade ist heimatlos, seit der König ihr Tal zu einem Stausee gemacht hat, und sucht mit ihrer kleinen Schwester Unterschlupf im Palast. Doch der König, noch ein Kind, ist ein Tyrann und zwingt Sheherazade, nur für ihn Geschichten zu erzählen. Die Regisseurin Grete Pagan inszeniert u. a. am Jungen Schauspielhaus Hamburg und am JES Stuttgart. Ihre Inszenierung von »Die Prinzessin und der Pjär« am Grips Theater Berlin wurde mit dem Mülheimer KinderStückePreis 2014 ausgezeichnet.

 Premiere mit „Gilgamesh“ und Gogols „Revisor“

 Parallel dazu wird die Spielzeiteröffnung im Central mit Nikolai Gogols Komödie „Der Revisor“ gefeiert am Samstag, dem 17.9. um 19:30, auf der großen Großen Bühne im Central. Ein Revisor kündigt sich an – und ein jeder macht sich sofort daran, in seinem Bereich zu vertuschen, was nur geht. Gogols Komödienklassiker nimmt die korrupten Politiker und Beamten eines kleinen Provinznests aufs Korn und zielt gleichzeitig auf menschliche Geltungssucht und Profitdenken allgemein. Ein junger Mann wohnt seit zwei Wochen im Gasthaus und bezahlt seine Rechnungen nicht - Das muss er sein! Sofort wird der Unbekannte hofiert, bestochen und geschmiert. Regisseur Linus Tunström inszeniert erst zum dritten Mal im deutschsprachigen Raum, er gehört zu den renommiertesten Theatermachern Skandinaviens. Der langjährige Intendant und Regisseur ist derzeit Mitglied der Theaterleitung des Stockholm Stadtstheater und war mehrfach zum schwedischen Theatertreffen eingeladen.

 Die Bürgerbühne: Sommernachtstraum mit Düsseldorfer Jugendlichen

Aber das Theater mitten in der Stadt bleibt nicht im Zelt – der Vorhang geht hoch für das Bürgertheater. Und da sei der agile Leiter des Jungen Schauspielhauses Christof Jäger-Zurmühlen erwähnt, nein: Ins Spiel gebracht im Wortsinne, hat er daran doch maßgeblichen Anteil, oder wie Intendant Schulz sagte: Er war „mein Scout für Düsseldorf.“

Auf der Kleinen Bühne des Central fällt am Freitag, dem 16.9. um 20:00, der Startschuss für die neu gegründete Bürgerbühne, bei der die BürgerInnen der Stadt mit ihren Biografien und Geschichten selbst auf der Bühne stehen: Düsseldorfer Jugendliche wagen sich an einen der größten Stoffe der Weltliteratur, den Sommernachtstraum. Shakespeares Verwirrspiel wird so zum Ausgangspunkt für eine wilde Reise durch das Gefühlsleben von Heranwachsenden. – Es inszeniert Joanna Praml. Sie wurde mit »Wenn du nicht mehr da bist« 2014 zum »Theatertreffen der Jugend« eingeladen.

Café Eden – Refugees are welcome here!

Näher an der Stadt und aktueller geht Theater nicht: Das „Café Eden“ im Foyer des Jungen Schauspiels in der Münsterstraße 446 wird als neuer Treffpunkt zum Verweilen, zum gemeinsamen Spielen oder einfach zum Quatschen und Kaffeetrinken einladen. Es ist ein Ort für Geflüchtete und Düsseldorfer, Ureinwohner und Neuankömmlinge: Diskussionen, Inszenierungen, Theaterworkshops, Tauschbörsen, Kinoabende, Stadtrundgänge, Bürger-Dinner und jede Woche die »Open Stage«. Hier darf jeder auftreten, der etwas darbieten kann – Bands, Poeten, Comedians, Geschichtenerzähler aus aller Welt … Das „Café Eden“ ist ein Gemeinschaftsprojekt von Düsseldorfer Schauspielhaus, zakk und Eine Welt Forum Düsseldorf.

Die Eröffnung des Café Eden beginnt am Montag, dem 19. September 2016, um 18:00 Uhr: Eröffnungsperformance mit andcompany&Co. Das Café Eden im Foyer des Jungen Schauspiels in der Münsterstraße 446 hat immer montags ab 15 Uhr geöffnet. — Das wöchentliche Programm finden Sie unter www.dhaus.de

Programm, Kartenbestellung, die Termine für weitere Aufführungen und Premieren finden Sie unter www.dhaus.de

Wie heißt es bei Shakespeare im Sommernachtstraum:

Wie bringen wir nach Tisch bis Schlafengehn
Den langen Zeitraum von drei Stunden hin?
Wo ist der Meister unsrer Lustbarkeiten?“
Was gibt's für Kurzweil? Ist kein Schauspiel da,
Um einer langen Stunde Qual zu lindern?“

Gehn wir also. Ins D‘Haus … Wo nicht nur der Sommernachtstraum geboten wird.

 

Foto Das Team des D‘Hauses, Intendant Schulz in der Mitte. / Foto Jo Achim Geschke für NDOZ.de