735.000 Erwerbstätige weniger bis 2030
Laut dem aktuellen Bericht werden dem Arbeitsmarkt im Rheinland bis 2030 rund 735.000 Erwerbstätige fehlen – eine Entwicklung, die alle Branchen betrifft.
„Die Konjunktur hellt sich gerade ein wenig auf. Die Betriebe wollen gerne durchstarten. Aber es fehlt an Personal“, betont Dr. Stefan Dietzfelbinger, Hauptgeschäftsführer der Niederrheinischen IHK.
„Viele ‚Boomer‘ der 60er-Jahrgänge gehen jetzt in den Ruhestand. Ihnen folgen weniger junge Menschen. Hinzu kommt: Viele Jugendliche streben ins Studium statt in die Ausbildung.“
Die Industrie- und Handelskammern im Rheinland sehen sich daher in der Pflicht, aufzuklären, zu beraten – und die Politik in die Verantwortung zu nehmen.
Sechs politische Forderungen für bessere Rahmenbedingungen
In ihrem Positionspapier formulieren die IHKs sechs zentrale Handlungsfelder, in denen politische Akteure dringend aktiv werden müssen:
- Bürokratie abbauen – Zeit für Fachaufgaben schaffen: Reduzierung von Berichts- und Nachweispflichten für Betriebe.
- Berufliche Bildung stärken – Gleichwertigkeit sichern: Bessere Ausstattung der Berufsschulen, die Weiterbildung des Aufstiegs-BAföG und die Sichtbarmachung der Gleichwertigkeit beruflicher Abschlüsse.
- Arbeitsmarkt flexibilisieren – Gestaltungsspielräume schaffen: Flexibilisierung der Höchstarbeitszeiten, rechtliche Sicherung von Vertrauensarbeitszeit.
- Internationale Fachkräfte leichter gewinnen – Verfahren beschleunigen: Digitales und transparentes Verwaltungssystem mit klaren Zuständigkeiten sowie funktionierende Welcome-Services vor Ort.
- Anreize zur Arbeitsaufnahme verbessern – Potenziale aktivieren: Stärkere Anreize zur Arbeitsaufnahme, um mehr Menschen in Arbeit zu bringen.
- Betreuungsinfrastruktur ausbauen – Vereinbarkeit ermöglichen: Massiven Ausbau flexibler Kinderbetreuung und Pflegeangebote, damit mehr Frauen und pflegende Angehörige ihre Erwerbstätigkeit ausweiten können.
Konecranes: Weiterbildung statt Fachkräftelücke
Das Gastgeberunternehmen Konecranes in Düsseldorf zeigt beispielhaft, wie Unternehmen auf die Herausforderung reagieren.
„Wir richten unseren Fokus gezielt darauf, Weiterbildung als strategische Investition zu verstehen und Chancengleichheit aktiv zu fördern“, erklärt Daniela Komolafe, Managerin Talent Acquisition bei Konecranes.
Auch Tanja Walterscheidt, Senior Talent Acquisition Specialist, unterstreicht die Bedeutung betrieblicher Ausbildung: „Eine betriebliche Ausbildung ist und bleibt das beste Fundament für eine Karriere in einem technischen oder kaufmännischen Berufsbild.“
Fachkräfte aus dem Ausland: Potenziale gezielt nutzen
Ein weiterer Baustein der Fachkräftestrategie liegt in der gezielten Integration internationaler Arbeitskräfte.
Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer der IHK Mittlerer Niederrhein, erklärt: „Hierbei geht es sowohl um die bessere berufliche Integration bereits in Deutschland lebender Ausländerinnen und Ausländer mit und ohne Fluchthintergrund als auch um die gezielte Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland.“
Der neue Film „Move to the Rhineland“ gibt einen Einblick: Fachkräfte aus Ländern wie Indien, Australien, Iran, Pakistan, Russland oder dem Kosovo und Peru berichten über das Leben und Arbeiten im Rheinland – mit einem sympathischen Augenzwinkern. Die beteiligten Unternehmen waren das Forschungszentrum Jülich, die Deutsche Telekom (Bonn), Bönders GmbH (Krefeld), das Elisabeth-Krankenhaus (Mönchengladbach), das Maritim Hotel in Königswinter, die Siempelkamp Giesserei GmbH (Krefeld), Thyssen Krupp (Duisburg) und die Henkel AG & Co. KGaA (Düsseldorf). Laut Fachkräftereport gehören Indien, gefolgt von der Türkei und der Russischen Föderation sowie der Kosovo zu den häufigsten Herkunftsländern ausländischer Fachkräfte.
Ein Appell an Politik und Gesellschaft
Gregor Berghausen, Hauptgeschäftsführer der IHK Düsseldorf, bringt es auf den Punkt: „Die betriebliche Ausbildung ist nach wie vor der verlässlichste Weg zur Fachkräftesicherung im Rheinland.“ Doch: „An ausbildungsinteressierte Jugendliche zu kommen, bleibt für Ausbildungsbetriebe schwierig – vor allem im ländlichen Raum.“
Die IHKs sehen deshalb die gesamte Gesellschaft in der Verantwortung – und fordern: weniger Bürokratie, mehr Bildungsgerechtigkeit, flexiblere Arbeitsmodelle und echte Integrationsangebote. Die Zeit zum Handeln ist jetzt.
Der vollständige Fachkräftereport kann hier abgerufen werden.
Der IHK-Initiative Rheinland gehören folgende Industrie- und Handelskammern an: Aachen, Bonn/Rhein-Sieg, Düsseldorf, Mittlerer Niederrhein (seit Herbst 2011). die Bergische IHK Wuppertal-Solingen-Remscheid (seit Herbst 2011) sowie die Niederrheinische Industrie- und Handelskammer Duisburg-Wesel-Kleve zu Duisburg (seit 2016), die IHK Köln war seit Gründung bis Ende 2023 Mitglied.