Kommentare zu Polizei und Gerichtsentscheidungen

Nur eine juristische Frage ?

Von Jo Achim Geschke |

Demo Mintropplatz / Foto NDOZ

Ist das Recht auf Versammlungsfreiheit höher zu bewerten als die Freiheit der sicheren Religionsausübung? NDOZ hat heute Kommentare zu der Entscheidung des Verwaltungsgerichts gesammelt, den rechten Aufmarsch an einer Moschee vorbei zu genehmigen. Außerdem zur Entscheidung der Polizei, eine von demokratischen Gruppen angemeldete Demo am Mintropplatz nur mit erheblichen Behinderungen zuzulassen. NDOZ kommentiert und dokumentiert Stimmen zur Gerichtsentscheidung, die sich auch mit dem jetzt negativ belasteten Image von Düsseldorf befassen, und Teile der Pressemeldung des Verwaltungsgerichts.

Zu fragen bleibt mit distanziertem Verstand eines Demokraten, auch  bei aller Empörung : Welche Kriterien legen die Richter zu Grunde ? Bei der Entscheidung des Gerichts muss ein Abwägungsprozess stattfinden: Ist die Freiheit der sicheren Religionsausübung höher zu bewerten als das Recht auf Versammlungsfreiheit ? Hier wurde allerdings das Recht der eindeutig rechtsextrem unterwanderten kleinen Gruppe auf einen Aufmarsch höher bewertet als das Recht der Muslime, ungestört von rechten islamfeindlichen Parolen ihr Gebet verrichten zu können. Nun sind Richter für Recht, aber nicht für Moral zuständig. Vielleicht aber doch für eine ethische Abwägung. Denn Recht ohne Ethik kann in einem demokratischen Rechtsstaat, der sich auf christliche Werte beruft, wohl kaum funktionieren. Die Richter der 18. Kammer müssen sich also wohl fragen lassen, welche ethischen Begründungen der Auffassung zugrunde liegen, dass das Recht auf Demonstration einer in Teilen religionsfeindlichen Gruppe mehr wiegt als die freiheitliche, vom Grundgesetz garantierte Ausübung  einer Religion.

Die 18. Kammer des Verwaltungsgerichts , so die Pressemeldung um 18:15 Uhr am Montag, habe entschieden, „dass der Polizeipräsident Düsseldorf nicht berechtigt ist, der „Dügida“ den Vorbeimarsch an der im Bereich der Adersstraße gelegenen marokkanisch-islamischen Moschee zu untersagen. Es sei nicht ersichtlich, dass es den Gläubigen durch den Aufzug verwehrt würde, zu dem um 19.30 Uhr beginnenden Nachtgebet in der Adersstraße zu gelangen und dort ungestört ihre Religion ausüben zu können. Der Polizeipräsident habe zudem nicht dargetan, dass es ihm mit seinen Polizeikräften nicht möglich sei, die Zugänge zu der Moschee während des Vorbeizuges - wobei es sich nach den Teilnehmerzahlen der vergangenen Wochen nur um einen kurzen Zeitraum handeln dürfte - so zu sichern, dass es weder zu Übergriffen der Versammlungsteilnehmer gegenüber den zu diesem Zeitpunkt die Moschee verlassenden Gläubigen noch zu Übergriffen dieser gegenüber den Versammlungsteilnehmern komme.“ Soweit das Verwaltungsgericht.

Die Polizei meldet : „Gegen eine beschränkende Auflage der Polizei (Verkürzung des Zugweges bis zur Adersstraße, um den Gläubigen den Zugang zur Moschee für ihr Nachtgebet und damit das Recht auf ungestörte Religionsausübung zu ermöglichen) hatte die Anmelderin Klage beim Verwaltungsgericht eingereicht. Die zuständigen Richter entschieden, die beschränkende Auflage aufzuheben und ermöglichten den Dügida-Anhängern so den angemeldeten Zugweg.“ Und : „Das gewaltsame Eindringen von Gegendemonstranten in den Hauptbahnhof konnte durch Beamte der Bundespolizei nur unter Einsatz von Einsatzmehrzweckstock und Pfefferspray verhindert werden.“ (Hervorhebung von Red.) Wobei über das „konnte … nur“ zu diskutieren wäre.

Am Mintropplatz war – noch vor der Dügida-Anmeldung laut den Anmeldern von DSSQ – eine Kundgebung bei der Polizei angemeldet. Am Montagabend allerdings sperrte die Polizei mit einem großen Aufgebot – auch von Zivilbeamten und filmenden Polizisten – den Mintropplatz gegenüber allen demokratischen Demonstranten ab. Die Einsatzleitung ließ nur Gruppen von zehn Teilnehmern durch eine Gasse zum angemeldeten Kundgebungsort. Der Platz wurde dabei so abgeschirmt, dass die Gruppe  von Dügida dort vorbeilaufen konnte. Dazu die Stellungnahme der Gruppe „Düsseldorf stellt sich quer „ (DSSQ): „Gegen den Polizeieinsatz wird eine Feststellungs¬klage beim Verwaltungsgericht Düsseldorf eingereicht. … „Hier wird das Versammlungsrecht mit zweierlei Maß gemessen, Neonazis
dürfen ungestört laufen, während unsere – ebenfalls vom Versammlungsrecht geschützten - Kundgebungen massiv behindert werden.“

Das Geschehen am Mintropplatz  und die Entscheidung des Verwaltungsgerichts stößt auch bei Bürgern auf Unverständnis, Empörung  und Kritik, die sich in Kommentaren im sozialen Netzwerk Luft schafft.

NDOZ zitiert ohne Namensnennung (Namen der Redaktion bekannt) nur vier Beiträge aus den sozialen Netzwerken:

„Heute war ein Tiefpunkt ! Nazis durften an Moschee und (ihnen glücklicherweise noch unbekannten) Flüchtlingsunterkunft vorbeimarschieren. Polizei verhinderte de facto die lange VOR den Nazis angemeldete Gegen-Kundgebung auf der Mintropstr, um die Nazis über die Hartkortstr ziehen zu lassen. So viele junge Menschen wie heute, die einen äußerst (!) negativen Eindruck von der Polizei bekommen haben (zu recht!) habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Auf Düsseldorf kommt ein Problem zu, was von Gerichten und Polizei gemacht wird - und das noch lange nachwirken wird, selbst dann, wenn von Dittmer&Dügia niemand mehr sprechen wird.“

Am Hauptbahnhof : „Alles war abgesperrt und niemand wurde mehr durchgelassen. Die Polizei war äußerst aggressiv. Eine ältere Frau war in Tränen aufgelöst, weil sie nicht zur S-Bahn durchgelassen wurde, wobei sie dringend nachhause musste. Sie hat es an zwei Eingängen probiert. Als ich sie ermunterte, es nochmal zu probieren und der Polizei ihre Lage zu schildern, hat sie noch mehr geweint und gesagt, sie hätte Angst vor der Polizei und traut sich nicht mehr, zu der Absperrung zu gehen und zu fragen.“

„Als ich heute abend gegen 19:00 als ganz normaler Passant den Bahnhof durchqueren wollte, wurde ich am Eingang von Polizei in Kampfrüstung aufgehalten. Direkt vor mir sind noch zahlreiche Reisende unbehelligt in den Hbf hinein gegangen, nur ich wurde plötzlich mit massivem Körpereinsatz gestoppt. Auf meine Erklärung, ich sei kein Demonstrant, sondern Kunde der Sparkasse auf der anderen Seite des Bahnhofs (Fakt, dort wollte ich Geld abheben), wurde ich mit dem knappen Befehl "zurück!" heftig zurück gestossen.
Bei einer erneuten Anfrage, wie ich denn jetzt zur Sparkasse käme, wurde ich so heftig zurück geschubst, dass ich beinahe gestürzt wäre und bekam als Antwort ein aggressives "ey, isch habbet dir schonmal gesacht, ey, zurück!!".

Jetzt sagt Ihr es mir: Sehe ich so furchtbar gewalttätig aus mit meinen 60 Kilo Kampfgewicht, oder liegt es doch nur an den langen Haaren? Ich suche jedenfalls ab sofort eine neue Wohnung.

In Köln!!“

 

„ach , Düsseldorf, ich habe dich so geliebt. Ich bin sogar dabei in dich zurück zu ziehen. Ich habe dich geliebt, weil ich mich immer sicher gefühlt habe in Dir, deine Offenheit geliebt habe. Ich habe durch dich so viele Menschen aus so vielen Länder kennen gelernt. … Nie ist mir etwas schlimmes wiederfahren dank dir.
Aber seit ein paar Wochen bin ich sehr traurig wegen dir. Du lässt bekannte Nazis laufen, hinderst Gegendemonstranten daran zu ihrem angemeldeten Demonstrationsort zu kommen. Du gibst ganz viel von meinem Geld dafür aus, das eine (laut Führer Definition ziemlich unarische) Frau einen Haufen von NPDlern, Hogesas, Dortmunder Nazis und sonstigen merkwürdigen Menschen durch die Stadt führen darf. Du beschützt sie. Aber die Gegendemonstranten, die dafür auf die Straße gehen damit deine Zukunft frei bleibt und bunt, die hinderst du an ihrem Recht auf Meinungsäußerung. Du sperrst Montags ab 17:00 die Innenstadt ab und schadest damit sogar den Läden in der Altstadt. Du wirst von Woche zu Woche willkürlicher; aggressiver; unfreundlicher. …“