Alltäglicher Rassismus – Interview

Schwarze in Altstadt-Lokalen abgewiesen

Von Jo Achim Geschke |

Kein Platz für Schwarze in der Altstadt? Foto Archiv NDOZ

Drei Menschen, die für eine Feier in eine Altstadt-Disco hinein möchten: Ein Chirurg, ein Unternehmensberater, ein Oberarzt. Der Türsteher schüttelt den Kopf und sagt: Sie nicht. Alle drei sind schwarz. Geschehen vor rund zwei Wochen, am 14. März, wie die Betroffenen NDOZ.de erzählen. „Das wir abgewiesen werden, ist für uns schon Standard in Düsseldorf“, sagt der schwarze Chirurg Joseph A. (32) ruhig. Und doch ist klar zu spüren, wie betroffen er ist. Alltäglicher Rassismus in Düsseldorf: „Viele resignieren und sagen nichts, gehen weiter. Aber wir als gut ausgebildete Akademiker, wir müssen etwas sagen, es öffentlich machen“, betont Unternehmensberater Guillano D. (33) – „damit sich etwas ändert.“

Geboren in Surinam, hat Guillano D. lange in den Niederlanden gelebt, dort und den USA studiert, arbeitet seit 18 Monaten bei einer großen, international agierenden Unternehmensberatung in Düsseldorf. So vier bis fünf Mal ist er mit schwarzen Freunden  in der Altstadt abgewiesen worden, berichtet Unternehmensberater D.  „Aber das vor zwei Wochen, das war beleidigend“ sagt er. Er und seine Freunde wollten zu einer Feier eines Fitness-Clubs in der Altstadt. „Vor dem Eingang stand ein breit gebauter Mann und sagte : Sie können nicht rein.“ Unternehmensberater D.  entgegnet  ihm : „Warum nicht?  Ich stehe auf der Gästeliste. Ich bin Mitglied des Fitness-Clubs.“ Der Türsteher schüttelt den Kopf: Nein .

„Wir hatten einen Freund aus Chicago dabei. Der Türsteher hat schon den Kopf geschüttelt, als wir einige Meter vor dem Eingang waren.“ Er hakt mehrmals nach: „Warum nicht ? Aber der Mann konnte keinen Grund nennen. Meinte nur. Weil er das sagt.“ Chirurg A. gibt sich sogar als Art zu erkennen. Der Mann der Sicherheitsfirma schüttelt weiter den Kopf und meint, dass sei ihm egal.

Inzwischen ist der weiße Freund Sami G. ohne aufgehalten zu werden in den großen Saal  gegangen und hat sich umgesehen. Bei der großen Feier sind locker gekleidete, eher junge Menschen, seine schwarzen Freunde, sagt Sami G., sind wesentlich besser angezogen als er. „Nur etwa 10 Gäste waren erkennbar Ausländer“, sagt er.

„Düsseldorf ist möglicherweise eine internationale Stadt“

Unternehmensberater Guillano D. ist noch immer entsetzt: „Ich habe in Schottland, in den USA, in den Niederlanden gearbeitet“, sagt er, „jetzt in Deutschland. Ich arbeite mit den CEO’s großer Firmen zusammen.“ Und dann sagt er : „Düsseldorf ist möglicherweise eine internationale Stadt. Wenn man das etablieren möchte, muss sich etwas ändern.“ Und er sagt auch: „Aber so ist sie von allen mir bekannten Plätzen weit weg von internationalen Standards.“ Und der Chirurg ergänzt : „Düsseldorf sollte eigentlich internationaler sein. Wenn Freunde aus dem Ausland kommen und das erleben, sagen sie immer wieder. Was ist hier los?“  

Guillano D. hat am nächsten Tag  die Brauerei des großen Lokals und den Fitness-Club angerufen. Man hat sich bei ihm entschuldigt, ihm eine VIP-Karte angeboten. „Ich habe die VIP-Karte abgelehnt. Das ist nicht der Punkt, habe ich gesagt, Sie müssen da etwas ändern.“

Der Chirurg hat inzwischen längst einen Deutschen Pass.  Immer wieder habe er aber erlebt, dass er und schwarze Freunde in manche Lokalen nicht hineingelassen werden. Ein Türsteher habe ihn als „Afrikaner“  abgewiesen, der Arzt hat gesagt: „Was ist los, ich bin kein Afrikaner“. Da durfte er hinein.

Abweisung als Alltagserfahrung

Viele Schwarze erleben diese Abweisung in Düsseldorf immer wieder, sagen beide Akademiker. Und auch Sami G., Deutscher mit libanesisch-kolumbianischem Migrationshintergrund, kann die Erfahrungen seiner Freunde nur bestätigen. In den Köpfe muss sich etwas ändern, betonen sie, das Management der Lokale oder von Feiern muss darauf achten, die Stadt muss da aktiv werden, fordern sie. Es ist, so wird klar, eine Alltagserfahrung von Schwarzen. Sicherlich gibt es Lokale und Discos, etwa im Medienhafen, wo es egal ist, ob jemand Schwarz ist. „Deutschland wird irgendwann auch ein Einwanderungsland sein“, sagt der Chirurg. Aber noch erlebten viele Schwarze diese Diskriminierung, „aber keiner sagt etwas“, macht der Arzt klar, warum viele Diskriminierungen in der Gesellschaft und Politik nicht auf breiter Ebene bekannt ist.

 Anmerkung der Redaktion :

NDOZ.de hat  mit Bedacht keine Namen der Lokale genannt, weil es nicht um einzelne Lokale oder Discos geht. Den alltäglichen Rassismus, die alltäglichen Diskriminierungen aufzudecken, war die Absicht der Schwarzen, denen es nicht darum ging, ein oder zwei Lokale anzuprangern. Der Tenor der sichtlich erschütterten, die diese Beleidigungen erfahren, ist die Forderung, dass sich bei den Menschen in der Stadt, dass sich in den Köpfen etwas ändert. Auch wenn bereits von Bürgern, Politik und Vereinen bereits viel getan wird, wenn viele Bürger sich beispielsweise für Flüchtlinge engagieren – aber von einer allgemeinen, breiten Willkommens- und Beteiligungskultur zu reden, fällt angesichts der Schilderungen der drei beleidigten schwarzen Akademiker schwer.

                                                                                      (Jo Achim Geschke)