Mangelhafte Digitalisierung und Kommunikation

Abi-Chaos in NRW: Bildungsministerin Feller am Pranger

Von Alexandra Scholz-Marcovich |

Störung beim Aufgaben-Download im Zentralabitur / Foto © David Pipaza, unsplash

Störung beim Aufgaben-Download im Zentralabitur / Foto © David Pipaza, unsplash

Die für Mittwoch, den 19.04. geplanten schriftlichen Abiturprüfungen müssen auf Freitag, den 21.04.2023 verschoben werden. Grund ist eine technische Störung. Schülerinnen und Schüler, Lehrer, Eltern und politische Akteure sind enttäuscht und verärgert. Ist dies der Anfang vom Ende für Bildungsministerin Feller?

Beim Download der schriftlichen Abituraufgaben für das Zentralabitur hat es am Dienstag, 18. April 2023, eine massive technische Störung gegeben. Betroffen war der Download für die Prüfungsfächer Biologie, Chemie, Ernährungslehre, Informatik, Physik, Technik (Grundkurs und Leistungskurs). Die technische Störung konnte im Laufe des Tages nicht mehr rechtzeitig behoben werden, so dass die für Mittwoch vorgesehenen schriftlichen Abiturprüfungen auf den bisher prüfungsfreien kommenden Freitag, 21. April 2023, verschoben werden müssen. Die Schulen wurden über die Störung angeblich nur unzureichend infomiert und die Information über die Verschiebung kam erst später am Abend vor dem Prüfungstag.

Schul- und Bildungsministerin Dorothee Feller: „Die Störung und kurzfristige Verschiebung der Abiturklausuren ist außerordentlich ärgerlich. Die Abiturientinnen und Abiturienten haben sich intensiv auf ihre Prüfungen vorbereitet. Umso ärgerlicher ist es, dass eine Störung beim Download dazu geführt hat, dass die Schulen die Aufgaben nicht rechtzeitig erhalten haben. Das Ministerium für Schule und Bildung wird die massive Störung gemeinsam mit dem externen Dienstleister intensiv aufarbeiten und eine genaue Fehleranalyse erstellen und daraus die notwendigen Konsequenzen ziehen, damit die Prüfungen an den Folgetagen störungsfrei durchgeführt werden können.“

Heftige Kritik aus den Reihen der SPD,  der Jungen Liberalen und der Landesschüler*innenvertretung NRW (LSV NRW)

Die Verzögerung der Abiturprüfungen in Nordrhein-Westfalen hat für Empörung unter den politischen Parteien gesorgt, insbesondere bei der SPD, den Jungen Liberalen und der Landesschüler*innenvertretung NRW (LSV NRW). Die Parteien und die LSV NRW fordern eine lückenlose Aufklärung der Umstände und eine schnelle Lösung für die betroffenen Schülerinnen und Schüler.

Die SPD-Fraktion im Landtag NRW hat eine unverzügliche Sondersitzung des Schulausschusses beantragt. Die schulpolitische Sprecherin, Dilek Engin, kritisiert das "katastrophale Kommunikationsverhalten" von Schul- und Bildungsministerin Dorothee Feller. Sie wirft der Ministerin vor, am Dienstag lange Zeit "abgetaucht" zu sein und die Schullandschaft im Unklaren gelassen zu haben.

„Was für ein Abi-Super-Gau der Schulministerin. Wie konnte man gestern eine ganze Schullandschaft so lange im Unklaren darüber lassen, wie es nach den Download-Schwierigkeiten weitergeht? Über Stunden war die Ministerin abgetaucht. Das war wirklich katastrophales Kommunikationsverhalten von Frau Feller."

Die Jungen Liberalen in Nordrhein-Westfalen zeigen sich besorgt und irritiert über die technischen Probleme bei den Abiturprüfungen. Der Landesvorsitzende der Jungen Liberalen, Alexander Steffen, sieht in dem Chaos ein Zeichen für fehlende Digitalkompetenz der Landesregierung. Er fordert die Landesregierung auf, sofort Klarheit zu schaffen und sicherzustellen, dass die restlichen Abiturprüfungen reibungslos verlaufen.

„Das Chaos bei den Abiturprüfungen ist inakzeptabel. Nach dem Hacker-Drama an der Uni Duisburg-Essen beweist die Landesregierung erneut fehlende Digitalkompetenz. Ein Schlag ins Gesicht für zehntausende Abiturienten, die besser vorbereitet sind als Frau Feller.“

Die LSV NRW kritisiert das Ministerium für Schule und Bildung für die unzureichende Vorbereitung auf die anstehenden Abiturprüfungen und das nun verursachte Chaos.

Phil Robin Weber aus dem Landesvorstand der LSV NRW bemängelt: "Schon wieder müssen wir Schülerinnen das Versagen der Landesregierung ausbaden."

Sebastian Dahlmann, ebenfalls aus dem Landesvorstand der LSV NRW, ergänzt, dass der neue Prüfungstermin für die angehenden Abiturientinnen nicht nur mehr Stress, sondern im Zweifelsfall auch eine schlechtere Note bedeute.

Alle beteiligten Parteien und die LSV NRW betonen, dass die Schülerinnen und Schüler nach den schweren Corona-Jahren bessere Bedingungen für ihre Prüfungen verdient hätten. Sie fordern von der Landesregierung und insbesondere von Bildungsministerin Feller eine Erklärung und die Gewährleistung eines rechtssicheren Abiturs.

Der angekündigte bundesweite Streik bei der Bahn sowie das am Freitag stattfindende Zuckerfest sorgen für zusätzliche Sorgen bei Schüler*innen und Lehrkräften, die am Nachholtermin teilnehmen müssen. Die LSV NRW fordert eine Überwindung des zentralisierten Abiturs und der Privatisierungspolitik der Landesregierung für zukünftige Abschlussprüfungen.

„Der Ausweichtermin ist eine Katastrophe, Frau Ministerin provoziert mit dem Ausbleiben der Rahmenbedingungen die Zukunft junger Menschen zu verspielen, indem sie die Prüfungen mit einem noch höheren Stresslevel belegt.“ fügt Weber hinzu.

Die Kritiker werfen dem Ministerium für Schule und Bildung vor, sich zu sehr auf externe Dienstleister*innen verlassen zu haben, anstatt rechtzeitig eigene, erprobte Plattformen und Verteilungssysteme einzuführen. Sebastian Dahlmann von der LSV NRW weist darauf hin, dass es das Zentralabitur in Nordrhein-Westfalen bereits seit 2007 gibt und genügend Zeit zur Verfügung stand, um das Verfahren zu erproben.

"Das Bildungsministerium hatte ausreichend Zeit, das Verfahren zu erproben, stattdessen hat es sich auf externe Dienstleister*innen verlassen", bemängelt Dahlmann. “Das Ministerium hätte rechtzeitig eigene, erprobte Plattformen und Verteilungssysteme etablieren müssen - schließlich gibt es in NRW seit 2007 das Zentralabitur”.

Das Abi-Chaos in Nordrhein-Westfalen unterstreicht die dringende Notwendigkeit, die Digitalisierung und Kommunikation im Bildungsbereich zu verbessern. Politische Parteien und die Landesschülerinnenvertretung NRW fordern die Landesregierung und Bildungsministerin Feller auf, angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um den betroffenen Schülerinnen eine faire und reibungslose Abiturprüfung zu ermöglichen. Es bleibt abzuwarten, ob die Verantwortlichen schnell handeln, um die Situation zu klären und die verschobenen Prüfungen reibungslos durchzuführen. In der Zwischenzeit wächst die Kritik an Bildungsministerin Feller und der Landesregierung.

Sowohl Feller als auch Hendrik Wüst entschuldigten sich auf Twitter  für das Chaos.