Haushalt 2018 – Reden der Fraktionsspitzen, Analyse

Haushalt 2018: Witzig, unwirklich, und auch erstaunlich ehrlich: Reden von CDU, SPD, Grünen und FDP – eine Analyse

Von Jo Achim Geschke |

Jan Wellem Pferd lacht vorm Rathaus / Collage Jo Geschke

Die Rede des Oppositionssprechers Rüdiger Gutt, CDU, kann ganz ernsthaft als witzig bezeichnet werden: Selten waren für eine gute Selbstdarstellung so viele Fakten außer acht gelassen. Und selten ist ein Oppositionssprecher – hier der CDU – so von den anderen Parteisprechern abgekanzelt und zurück gewiesen worden, wie Rüdiger Gutt in seiner Rede im Rat zum Haushalt 2018 am heutigen Morgen. Zitat Manfred Neuenhaus: „Zu ihrer Haushaltsrede werde ich nichts sagen, Herr Gutt, das habe ich gerade gestrichen. Was aus Ihrer Rede übrig bleibt ist, Wo haben Sie die Püppchen gekauft und wie funktioniert eine Kehrmaschine.“

Neuenhaus bezog sich dabei auf Gutts Inszenierung: Er hatte vor sich eine russische Matruschka-Puppe vor sich aufgebaut um zu behaupten, einzelne Vorlagen im Etat und der Vorlagen der Verwaltung seien im Endeffekt leer. Es ist, verfolgt man die Reden im Rat mittels Live-Übertragung am Laptop-Bildschirm, der nur die Redner zeigt, ein irgendwie anrührendes Bild mit einem Oppositionsführer mit den Püppchen vor sich.

Bemerkenswert sind einige Punkte der CDU-Kritik: Gutt kritisiert den Haushalt der Verwaltung als „Trickserei“, die 590 Millionen Euro, die wie berichtet der Verkauf des Kanalnetzes an den Stadtentwässerungsbetrieb zunächst in die Stadtkasse bringt, seien Schulden der Stadt. Nun ist a) der Stadtentwässerungsbetrieb ein eigenständiger(erfolgreicher) Betrieb, und außerdem wäre eine solche behauptete „Trickserei“ genau das, was die CDU vor 2014 mit der Behauptung der Schuldenfreiheit mehrere Jahre lang vorführte. Und wenn Gutt beim Etat und Ausgabeprojekten von „Mängelbeseitigung“ spricht, ist das ein klassischer Rohrkrepierer: Die Ausgaben der Stadt zur Sanierung von Schulen, Kulturbauten und Schwimmbädern sind so hoch, weil bis 2014 unter der CDU-Spitze der Sparzwang herrschte und das Spar-Mantra einen riesigen Investitionsstau hervorrief – bis heute.

Gutt: Ampel schafft „Massenquartiere mit vielen Sozialwohnungen“

Ein Höhepunkt von Gutts verunglückter CDU-Kritik: Er kritisierte die Wohnungspolitik der Stadtspitze und der Ampel. Die CDU habe früher bei der Wohnungspolitik „eine besondere Qualität erreicht“, OB Geisel und die Ampel schafften „Massenquartiere mit zu vielen Sozialwohnungen“. Er forderte einen „freien Mix“ aus frei finanzierten und Sozial-Wohnungen sowie „Ein – und Zweifamilienhäuser zu bauen“.

Gutt widersprach damit nicht nur den Fakten, sondern auch der einhelligen Mahnung von Wohnungsexperten. In CDU-Zeiten sind kaum bezahlbare (Sozial-)Wohnungen gebaut worden, obwohl dies von Grünen und SPD angemahnt wurde. Zudem kann sich eine wachsende Stadt mit kaum freien Grundstücken, kaum bezahlbaren Mieten und wenig vorhandenen bezahlbaren Wohnungen nicht leisten, Grundstücke mit Einfamilienhäusern zu versiegeln.

Markus Raub (SPD-Fraktionschef) zählte denn auch in seiner Rede Wohnungspolitische Fakten auf: „Mit 3232 Baugenehmigungen hat Düsseldorf 2016 den höchsten Stand seit dem Jahr 2000 erreicht. Zusagen für 522 geförderte Wohneinheiten bilden den Spitzenwert seit 2007. Auch die Zahl von Nutzungsänderungen von Büros in Wohnungen ist von 103 Wohneinheiten in 2010 auf 1.044 im Jahr 2016 gestiegen. Trotz dieser Anstrengungen und auch erzielten Erfolge dürfen wir nicht darüber hinwegsehen, dass das Ziel, preiswerten Wohnraum in ausreichender Zahl zu schaffen, eine Mammutaufgabe ist, die viel Zeit brauchen wird. Zu lange wurde dieses Segment vernachlässigst, als dass die Folgen dieser Fehlentwicklung kurzfristig zu lösen wären.“

Kritik gab es von FDP und Grünen am Verhalten und der Kommunikation von OB Geisel (SPD) – hauptsächlich in Sachen Tour-de France. Gutt hatte in seiner Rede andeuten wollen, dass in diesem Punkt CDU und Grüne wohl sehr nahe lägen.

Die Grünen-Sprecherin Angela Hebeler wies allerdings Gutt Annäherungsversuche klar zurück: „Die Grünen verwahren sich dagegen, von Ihnen vereinnahmt zu werden“, sagte sie. Auch Neuenhaus (FDP) wies eine Nähe zur CDU und eine mögliche, in der RP Düsseldorf schon vorformulierte Spekulation zurück. Er sah eher eine Nähe der Grünen zur FDP als zur CDU – und dankte ausdrücklich der Kämmerin, den Dezernenten und „den Ampel-Partnern für eine erfolgreiche Arbeit seit drei Jahren.“ Damit waren Gutts Annäherungsversuche in Richtung Schwarz-Gelb-Grün („Jamaika“) grandios gescheitert.

Markus Raub (SPD) zählte in seiner Rede auch die Fakten einer geänderten Politik seit der Ampel-Kooparation und Thoas Geisel als OB auf: „Wir haben das größte Schulbau- und Schulsanierungsprogramm nach dem 2. Weltkrieg auf den Weg gebracht. Rund 700 Millionen Euro investiert die Stadt in den Neubau, die Erweiterung und Sanierung von Schulen.“

„Allein bis zum Ende des laufenden KiTa-Jahres werden wir 1000 neue Betreuungsplätze geschaffen haben. Damit verfügt Düsseldorf über eine Betreuungsquote von 47 % bei den Unterdreijährigen und fast 100 % bei den über Dreijährigen.“

Auch Angela Hebeler (Grüne) zählte schon zu Beginn auf, welche Veränderungen die Politik von Rot-Grün-Gelb seit 2015 geschaffen hatte: Mehr Geld und Personal für den Radverkehr, Neuaufstellung der Wohnungsgesellschaft (die jetzt mehr Geld zur Verfügung hat und auch selbst bauen kann), Stärkung der freien Kulturszene, Start für mehr Schulsanierung und -Bau. Hebeler bemängelte, dass der Ausbau der Radwege viel zu langsam ginge. 2018 brauche der ÖPNV mehr Angebote, vor allem abends und nachts, und mehr Möglichkeiten für Pendler. Die Stadt müsse mehr auf e-Mobilität und Radverkehr setzen.

Raub verwahrte sich übrigens (ebenso wie indirekt später Neuenhaus, FDP) gegen einer Zeitungsüberschrift „Düsseldorf beendet das Sparen“ (RP Düsseldorf, 13. Dezember).

Über einzelne Anträge und Zahlen zum Haushalt 2018 wird NDOZ.de gesondert nach der Sitzung berichten.

(Autor: Jo Achim Geschke)