Gedanken über Paris

Liberté – jetzt erst recht

Von Jo Achim Geschke |

Embleme der Solidarität in facebook / Montage NDOZ.de

Paris – eine meiner drei Lieblingsstädte, ich mag diese Stadt, ihr Leben, ihre Geschichte. Ich bin stundenlang zu Fuß durch Paris gelaufen vor Jahren. Jetzt aber denke ich, wie wohl wir alle, an die Angehörigen der 130 Toten, der fast 100 schwer, oft lebensgefährlich Verletzen, an die insgesamt mehr als 390 Verletzten, an die Traumatisierten, die erlebt haben, wie Menschen neben ihnen erschossen wurden. Dieser in seiner kaltblütigen Brutalität kaum fassbare Terrorismus muss uns alle aber auch mahnen: Jetzt brauchen wir mehr denn je Offenheit, Solidarität, Freiheit, „Liberté“, wie sie ja in Frankreich im August 1789 formuliert wurde.

Es sind so viele Menschen traumatisiert  durch diesen 13. November, sie werden viele Monate oder Jahre brauchen,  um das schreckliche Geschehen zu verarbeiten.  Das lenkt die Gedanken sofort zu den vielen Flüchtlinge, die vom Krieg in Syrien, von Bomben und Schießereien in Aleppo oder anderen Städten traumatisiert auf die Flucht gegangen sind – während der sie noch mehr Traumata erlitten.

Das ist aber schon die einzige Verbindung, die zwischen den Flüchtlingen in Deutschland und Frankreich und dem Terror in Paris erlaubt sein kann. Wenn Horst Seehofer CSU oder Herr Söder CSU jetzt wieder danach rufen, die Grenzen dicht zu machen, dann unterstützen sie die Hetzerei der Rechtsaußen, der Hetzer von Pegida, AfD, Reps und auch Le Pen und der französischen Front National.

„Menschen, die zu uns flüchten, fliehen gerade vor diese IS-Terroristen“, sagte Martin Schulz (SPD), der Präsident des Europa-Parlaments. Und Ex- Innenminister Gerhart Baum ( FDP) formulierte : „Terroristen werden sich doch nicht an der Grenze anstellen. Grenzen dicht zu machen, ist doch Unsinn.“ Terrorismus-Experten betonen im Fernsehen immer wieder eben dies. Das muss auch jenen bekannt sein, die jetzt den Islam, die Flüchtlinge und den Terror einer inhumanen Organisation im braunen Topf der dummdreisten  Vorurteile zusammenrühren.  

Es geht auch nicht um Religion, auch wenn der sich selbst so verherrlichende Islamische Staat das suggeriert. Es gibt keine Religion, die rechtfertigen könnte, einfache Menschen mit einer menschenverachtenden Brutalität zu erschießen.

Aber wer sich bei uns auf christliche Werte beruft, kann nicht ernstlich ein Schließen der Grenzen fordern und damit auch fordern, Menschen aus Syrien, ene Opfer des Kriegs und des IS, oder Opfer des Terrors der Taliban in Afghanistan, zurück zu schicken.   

Wer sich auf die Werte der Demokratie, der Menschenrechte und Aufklärung beruft, wie sie in Frankreich 1789 formuliert wurden, der kann nicht Menschenrechte außer Kraft setzen und Flüchtlinge, die unter dem Schutz von Artikel 16 des Grundgesetzes stehen, in Krieg und Elend zurückschicken.

Aber im Kern haben Seehofer, Söder und de Maizière längst auch den Artikel 16 GG aufgeweicht, längst nach einer Verschärfung der Gesetze gerufen. Wieder kommt die Vorratsdatensicherung ins Spiel, wieder geht es um mehr Überwachung und um Einschränkung bürgerlicher Freiheiten.

Frankreich hat mit die schärfsten Sicherheitsgesetze in Europa, aber auch die haben nicht verhindern können, dass sich einzelne Terroristen zu mörderischen Anschlägen zusammengetan haben.

Wenn sich aber die Seehofers, Söders, de Mezières, all die Rufer nach Einschränkung der Bürgerrechte im Namen einer fragwürdigen Sicherheit durchsetzen, gehen wir den rechtspopulistischen Weg in eine unfreie Gesellschaft. Wie sie in Ungarn, demnächst auch in Polen, emporquillt. Eine Gesellschaft, deren Ausgestaltung  einer Solidarität mit Frankreich und dem „Liberté, Égalité,  Fraternité“ widerspricht. Und wer fälschlicherweise Sicherheit und Flüchtlinge zusammen nennt, der befeuert die diffusen Vorurteile gegenüber Flüchtlingen und die Hetze gegen Ausländer.

Wenn aber die ewig gestrigen ihre Vorurteile und Parolen weiter öffentlich verbreiten können, wenn es zu Diffamierungen von Muslimen, von Ausländern, von Syrern kommt, wenn Muslime ausgegrenzt werden, und die Rechtsextremen Zulauf bekommen ...

 Dann haben die Terroristen ihr Ziel erreicht: Eine Gesellschaft zu spalten, eine (ehemals) freie Gesellschaft um Jahrhunderte zurück zu bomben und zu schießen.

 

Deshalb gilt es jetzt nicht nur, Solidarität und Mitgefühl mit Frankreich, mit den Menschen in Paris zu zeigen. Wer sich die Trikolore ans Revers des Facebook-Auftritts heftet, muss auch entschieden gegen jede Ausgrenzung, gegen jeden Auftritt rechter Hetzer wie Pegida, Dügida, oder auch von AfD oder Reps sich wenden. Und beim Bäcker, beim Metzger, im Supermarkt an der Kasse den fremdenfeindlichen Vorurteilen entgegen treten, à la : Ich hab nichts gegen Ausländer, aber ... man müsse jetzt vielleicht ja doch Angst haben vor  .... Auch gegen Dummheit und fehlende Information hilft Aufklärung und eine klare Zurückweisung rechter Parolen.

Nur dann können wir Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit,  „Liberté, Égalité,  Fraternité“, für uns und die kommenden Generationen erhalten.

(Text Jo Achim Geschke)

Blumen vor dem französischen Konsulat in Düsseldorf am Samstag /Foto Bernd Obermann