Diskussion über den Schulentwicklungsplan und Benrather Hauptschule

Missverständnisse, schulische Altlasten und 6500 Schüler mehr bis 2020

Von Jo Achim Geschke |

Protest der Schüler GHS Benrath vor dem Rathaus / Foto Jo Geschke NDOZ.de

Es war der Pirat Patrick Schiffer, der am Ende der Sitzung im Schulausschuss gestern dafür sorgte, dass auch ein Lehrer der Gemeinschaftshauptschule Melanchthonstraße in Benrath als Bürger seine Kritik vortragen konnte. Doch wie und was der engagierte Lehrer monierte machte deutlich, dass offenbar einige falsche Informationen an der Hauptschule im Umlauf waren. Zuvor war teils heftig und polemisch über den Entwurf des neuen Schulentwicklungsplans (SEP) für die kommenden Jahre bei erwarteten 6500 SchülerInnen mehr bis 2020 gestritten worden. Da auch die Ampelparteien noch einigen Verbesserungsbedarf beim SEP sahen, wurde kein Beschluss gefasst – zunächst sollen auch die Bezirksvertretungen darüber beraten.

Für Aufregung hatte der Entwurf gesorgt, weil OB Thomas Geisel offenbar falsch eingeschätzt hatte, wie seine Äußerungen zur Gemeinschaftshauptschule (GHS) Benrath am 19. August der politischen Taktik der CDU-Opposition in die Hände spielte. Geisel hatte angekündigt, dass die GHS Melanchthonstraße abgewickelt und alsbald einer neuen Gesamtschule weichen müsse. Die Schule wurde erst danach informiert - und die Eltern, Elternschaft Düsseldorfer Schulen (EDS) und Schüler protestierten.

Die Begründung der Verwaltung  im SEP: Das Gebäude an der Melanchthonstraße sei marode (Unterricht wird im Container abgehalten), zudem gingen die Schülerzahlen an den Hauptschulen dort allgemein stark zurück, und es müsse fr alle weiterführenden Schulen bis 2020 Platz für mehrere Tausend Schüler zusätzlich geschaffen werden.  

Die Geschäftsordnung des Rates und der Ausschüsse erlaubt keine Zuschauer Beiräge, es sei denn, die Stzung ist unterbrochen oder geschlossen. Lehrer Birger Jansen, der Englisch und Sozialwissenschaften unterrichtet, konnte am Ende der Ausschusssitzung auf Anregung von Patrick Schiffer und durch die Erlaubnis des Vorsitzenden das Wort ergreifen:

Man sei entsetzt, fühle sich übergangen, für die Schüler sei dies alles eine große Belastung. Und obwohl Schule im Container ablief, habe es 27 Anmeldungen für das neue Schuljahr gegeben, betonte er. Vor dem Rathaus hatten die SchülerInnen der GHS Benrath bereits zuvor gegen die geplante Schließung ihrer Schule protestiert. (Die Elternschaft Düsseldorfer Schulen (EDS) hatte bereits am Mittwoch in einer Pressemeldung Protest angemeldet - NDOZ.de berichtete).

Und Lehrer Birger Jansen gab dann wieder, was wohl auch der Informationsstand der rund 50 SchülerInnen und Lehrer der GHS war, die im Saal der Ausschuss-Diskussion gefolgt waren:  Die Schüler der GHS Benrath dürften nicht auf die dort geplante Gesamtschule wechseln. Was der Lehrer als Diskriminierung ansah. Wer dieses Gerücht auch im Kollegium verbreitet hatte, konnte der Lehrer aber nicht benennen.

Allerdings hatte Ausschuss-Vorsitzender Wolfgang Scheffler (Grüne, pensionierter Lehrer) zuvor schon dargelegt, dass der Übergang von der Schule am Herrmannplatz in Flingern zur Gesamtschule Schritt für Schritt und erfolgreich vonstattenging und dass also auch der Übergang der Benrather SchülerInnen an andere Schulformen und andere Hauptschulen möglich sei.

An Hauptschulen nur 7 Prozent aller SchülerInnen ab Klasse 5

Zu Beginn der Sitzung hatte die CDU in einer Anfrage nachgehakt, was an den Hauptschulen und insbesondere an der GHS Benrath geschehe, das „stillose und unparlamentarische Verhalten“ von OB Geisel gerügt, und, so CDU-Ratsherr Pavle Madzirov, den Vorschlag für nicht hinnehmbar erklärt. „Was haben Sie gegen die Hauptschule?“, wurde CDU-Ratsfrau Mucha grundsätzlich.

In seiner Antwort betonte Schuldezernent Burkhard Hintzsche, dass bei den weiterführenden Schulen mit einer Zunahme von 4800 SchülerInnen bis 2020 / 2021 zu rechnen ist. Von 3830 SchülerInnen zu Beginn des Schuljahres 2014/ 15 an weiterführenden Schulen (ab Klasse 5) gingen nur 270 zur Hauptschule, das entspreche einer Quote von 7 Prozent.

Laut SEP ging die Quote an Hauptschulen von 16 % im Jahr 2006 auf 7 % im Jahr 2014 zurück. Mit einem weiteren Rückgang ist zu rechnen, da demnächst an den zwei neuen Gesamtschulen neue Anmeldungsmöglichkeiten bestehen. Bisher mussten jährlich etwa 240 SchülerInnen bei der Anmeldung an den vier Gesamtschulen abgelehnt werden. Die CDU lehnte in den vergangenen Jahren Gesamtschulen kategorisch ab.

Klar wurde in der Diskussion, dass es erhebliche Mängel in der Kommunikation zwischen Schulverwaltung, SchülerInnen, Schulleitung und Eltern gegeben hatte. Das die SchülerInnen „entsetzt“ waren, wie es eine Schülerin ausdrückte, war angesichts mangelnder Informationen verständlich. Schließlich fürchteten sie um ihren Abschluss, der ohnehin keine optimalen Berufschancen verspricht.

Deutlich wurde allerdings auch: Die jetzige Lage in Benrath war seit Jahren bekannt, wie Ausschussvorsitzender Scheffler klar machte. Seit sechs Jahren wurde an der GHS Benrath in Containern unterrichtet, und es sei nichts passiert, und auch die Benrather hätten nichts unternommen, so Scheffler mit einem Seitenhieb auf CDU-Ratsherr Madzirov. Und Ratsfrau Bednarski (SPD) ergänzte, das sei eine „scheinheilige Debatte“ der CDU, denn seit sechs, jetzt fast sieben Jahren sei nichts geschehen, obwohl alle wussten, dass das Gebäude marode ist.

Und auch Schuldezernent Hintzsche formulierte diplomatisch: „Wer die Schule stützen wollte, müsste einen sicherlich zweistelligen Millionenbetrag in die Hand nehmen.“ Bei den jetzigen sonstigen Herausforderungen, vor der die Stadt stehe, sicherlich kaum eine Option. Zudem sei die Frage, wie viele SchülerInnen denn noch in vier Jahren dort seien, zumal dann das Angebot einer Gesamtschule bestehe. Da die Prognosen auf 6500 SchülerInnen mehr im Jahr 2020 lauteten, sieht Hintzsche „einen größeren Bedarf an Real- und Gesamtschulen sowie Gymnasien.“

Neue Wohnviertel ohne Schulen geplant

Vorsitzender Scheffler machte auch deutlich, warum jetzt die Schullandschaft umgebaut werden müsse: Große Wohnviertel wurden in der vergangenen Jahren geplant (unter der CDU/ FDP Mehrheit), „aber irgendwie hat keiner daran gedacht, dass die auch eine Schule brauchen“, so Scheffler spitz. In der ersten Planung für das Wohnviertel „Grafental“ (1500 Wohneinheiten plus Thyssen Rade Center mit 300 Wohneinheiten) sei keine Schule vorgesehen worden, und im Glasmacherviertel mit rund 3000 Neuen Anwohnern sei auch keine Grundschule vorgesehen worden. Scheffler zum Investitionsstau: „Es ist jetzt nicht fünf vor 12, es sind 5 Sekunden vor 12!“  

18 Maßnahmen für den Zuwachs von 6500 SchülerInnen bis 2020

Die politische Debatte litt unter ideologischen und taktischen Winkelzügen.

Nun sollen auch die Bezirksvertretungen informiert werden und über den SEP diskutieren. Am 29. September tagt der Schulausschuss erneut, um dann dem Rat einen überarbeiteten SEP als „Bedarfsbeschluss“ zu empfehlen. Danach kommen Ausführungs- sowie Finanzierungsbeschlüsse zu den insgesamt 18 Maßnahmen an Düsseldorfer Schulen, die die Verwaltung angesichts zu erwartender 6500 SchülerInnen mehr in den kommenden vier Jahren geplant hat. Der Rat muss dann am 5. November den SEP für die kommenden Jahre beschließen.

NDOZ.de wird über weitere Maßnahmen, etwa zum Aufbaugymnasium,  am Wochenende berichten.

Der SEP ist in den Unterlagen des Schulausschusses nachzulesen unter  

 

ratsinfo.duesseldorf.de/ratsinfo/duesseldorf/Meeting.html