Forderung nach Stopp der Nachtabschiebungen

„Nachtabschiebungen verbreiten Angst“

Von Jo Achim Geschke |

Flüchtlinge putzen in der Lacombletstraße / Foto NDOZ.de

„Abschiebung verbreitet Angst bei den Betroffenen und den anderen Bewohnern der Unterkünfte. Sie haben Angst, dass es sie auch treffen könnte. Sie haben keine Sicherheit, und das ist es, was Traumatisierte dringend brauchen.“ So bringt Annette Windgassen vom Psychosozialen Zentrum (PSZ) die Auswirkungen von Abschiebungen von Flüchtlingen auf den Punkt. Flüchtlingsinitiativen, ehrenamtliche Helfer und Kirchen fordern nun, dass Abschiebungen in der Nacht gestoppt werden.

Abschiebungen in der Nacht heißt zwischen neun Uhr abends und vier Uhr morgens, so die Auskunft der Stadtverwaltung. In diesem Jahr, so die amtliche Auskunft, wurden, Zitat, „bisher 94 Personen abgeschoben, davon 10 aus der Haft heraus. Die Abschiebungen aus den Unterkünften wurden bei 53 Personen tagsüber und bei 31 Personen nachts durchgeführt. Bei den Flugabschiebungen war der Beginn der Maßnahme zur Nachtzeit erforderlich, da die durch die Zentralstelle des Landes NRW für Flugabschiebungen gebuchten Flüge entweder in den frühen Morgenstunden ab dem Flughafen Düsseldorf starteten oder ein Transport zu einem anderen Flughafen (Frankfurt bzw. Karlsruhe) erforderlich war.“ Im Klartext: Rund ein Drittel der Abgeschobenen wurde nachts weggebracht. Dagegen wehren sich Flüchtlingsinitiativen wie „Stay!“ oder die ehrenamtlichen von „Flüchtlinge willkommen in Düsseldorf“.

Keine Nachtabschiebung in Köln und Duisburg

Städte wie Köln und Duisburg haben bereits – über ihre Ausländerämter – die Nachtabschiebungen eingestellt. Nach Informationen von NDOZ.de wird auch in Düsseldorf durch die neuen Mehrheiten  in der Verwaltung Druck auf das Ausländeramt gemacht, dass die Nachtabschiebungen gestoppt werden. Denn das Land NRW schreibt Nachtabschiebungen nicht vor, sagt Oliver Ongaro von der Flüchtlingshilfe „Stay!“.

Das Bundesamt verfügt eine Abschiebung, das hiesige Ausländeramt muss als Amtshilfe die Abschiebung vornehmen. Dabei kommen die Ordnungskräfte und das Ausländeramt unangekündigt, auch in Hotels, und die Erwachsenen oder Familien müssen sofort ihre Sachen packen. Für de Abgeschobenen kommt es immer überraschend, sie machen sich immer Hoffnung, dass es nicht dazu kommt. Kinder können sich nicht mehr von ihren neuen Freunden in der Schule verabschieden, werden aus ihren neuen sozialen Kontakten heraus gerissen. Das ist Stress für die Kinder, heißt es unisono.

Häufiges Argument der Behörden: Wenn die Erwachsenen oder Familien vorher informiert werden, tauchen sie unter. Oliver Ongaro von der Flüchtlingshilfe „Stay!“ hält das Argument für nicht tragbar: „Wo bitte sollen denn Familien mit Kindern untertauchen? Die müssen Geld haben, eine Bleibe für mehrere Menschen. Wer soll das denn finanzieren?“ Zudem, berichten alle Helfer, ist bisher kein Fall bekannt, in denen von Abschiebung Bedrohte untergetaucht sind.

Und auch das Argument, die Flüge müssten früh gebucht sein, damit die Abgeschobenen früh in den anderen Ländern ankommen, zähle nicht, Denn ein Flug in die Staaten des ehemaligen Jugoslawien dauert nur 1 ½ bis maximal 2 Stunden –  es könne also auch später losgehen.

Von der Stadtverwaltung – das Ausländeramt untersteht dem Dezernat des Beigeordneten Stephan Keller (Ordnung, Verkehr)  – heißt es : „Grundsätzlich verfolgt die Kommunale Ausländerbehörde das Ziel, Abholungen aus der Unterkunft zwischen 21:00 Uhr und 06:00 Uhr zu vermeiden. Nur bei Sachzwängen oder guten Gründen wird davon abgewichen.“

Abschiebung nach Dublin III

Das Problem ist aber nicht nur die nächtliche Abschiebung : Einige Flüchtlinge werden in sogenannte „sichere Drittländer“ nach den neuen Verfügungen von Dublin III abgeschoben.

Roma beispielsweise werden in vielen Staaten des ehemaligen Jugoslawien diskriminiert und verfolgt. „Sie haben dort keinen Zugang zu Arbeit und Ausbildung, die Kinder können nicht zur Schule gehen“, verdeutlicht Ongaro. „Es gibt Fälle, da irren Menschen jahrelang durch Europa – weil es in Serbien oder Mazedonien einfach nicht geht. Die kommen immer wieder“, weiß er.

 Auf eine Anfrage der Fraktion Die Linke zur Sitzung des Rates am 5. März 2015 lautete die Antwort der Verwaltung: „Im Jahr 2014 hat die Kommunale Ausländerbehörde 232 Personen abgeschoben. 146 waren männlichen, 86 Personen weiblichen Geschlechts. Die Rückzuführenden besaßen 23 unterschiedliche Nationalitäten, ..... 177 Personen waren abgelehnte Asylbewerberinnen bzw.    Asylbewerber.“ Jugendliche seien nicht abgeschoben worden.

(Text: Jo Achim Geschke)