Radwegenetz Bürgerdialog zur Planung

Radwegenetz: Die Mühen der Planung in der Autostadt oder 2 Räder gegen SUV-Denken

Von Jo Achim Geschke |

Podium mit Dezernentin Zuschke (2. von li.) und Steffen Geibhardt/ Foto Jo Achim Geschke

Es geht langsam voran, aber immerhin geht es voran: Nach Jahren der Wegfräsung von Radwegen und SUV-schweren Autolobbyisten bei CDU (und auch FDP) versuchen Politik und Stadtverwaltung seit etwa drei Jahren, zum veränderten Mobilitätsverhalten der Düsseldorfer ein Radwegenetz aufzubauen. Vor rund 150 Zuhörer*innen – die Mehrheit kam mit dem Rad – erläuterten Planungsdezernentin Cornelia Zuschke und Radwegeplaner Steffen Geibhardt die Planung und Fertigstellung der Radwege. Die Schwierigkeit für beide: Die langwierigen Prozesse von Planung, Genehmigungen und Beantragung und schließlich Auszahlung von Zuschüssen, aber auch bauliche Hindernisse in der Autostadt werden von vielen, vor allem der ungeduldigen Fahrradlobby, nicht toleriert.

Es sei daher zuvor daran erinnert: Professor Tamms hatte zwischen 1956 und 1969 im zerstörten Düsseldorf eine Straßenplanung betrieben und die Stadt mit breiten Autostraßen durchschnitten (etwa die neue Berliner Allee oder die Immermannstraße). Seitdem hängen vor allem gutbürgerliche und mittelständische (ohne Flugzeug) am Auto, bis hin zu den Eltern, die ihre Kinder mit dem Diesel-SUV vors Schultor fahren. Für die Blechkarossen werden von ihnen Parkplätze geschützt und verteidigt.

Gerade die jüngere Generation aber sowie Umweltbewusste verzichten doch mehr und mehr aufs Auto und fahren eher Rad.

Das verdeutlichte auch Planungsdezernentin Cornelia Zuschke in ihrer persönlichen, gewohnt offenen Art zu Beginn: Die 18 – 25-Jährigen wollen kein eigenes Auto mehr. Und die Gewohnheit, mal eben vor dem Bäcker anzuhalten mit dem Auto, und dabei Radwege zuzuparken, brauche ein Umdenken. Zur Kritik an den neuen Fahrad-Abstellplätzen: Wir sind nicht ideologisch, wir machen nicht extra Parkplätze weg, wir machen das, weil es eine Mobilität für alle geben muss. E-Bikes nicht nur für Ältere können nicht mal eben in die Keller herunter getragen werden.

Steffen Geibhardt gab zunächst eine Übersicht über bisherige Radwege sowie Stellplätze und die Planung für neue im kommenden Jahr. Geibhardt ist auch ein Stück Rad-Geschichte: Seit mehr als 20 Jahren dabei, war er jahrelang (unter der CDU-Spitze) allein für die Radwege zuständig und ist jetzt immerhin der Planer eines fünfköpfigen Teams im Verkehrsmanagement (plus Planer aus speziellen Bereichen).

Er verdeutlichte ein wenig die Hindernisse bei der Umsetzung der Planung: Da kolliediere das mit dem Straßenbahn-Umbau, oder – wie am Wehrhahn – der Radwegbau stösst auf jede Menge Daten- und andere Kabel in der Erde. Der Fahrradturm am Bilker S-Bahnhof soll nun erst nächstes Jahr kommen, die ersten Fahrradhäuschen allerdings im Dezember. Weitere Schwierigkeit: In der grünen Stadt stehen an sehr vielen Straßenseiten Bäume, die einen Radweg erschweren oder gar verhindern. Wo keine Bäume stehen, können aus anderen Städten bekannte neue Formen wie die „Protected Bike Lane“ gebaut werden. (Ein Radweg, der durch Balken oder Erhebung in der Straße von den Autospuren getrennt ist.)

Von den Zuhörer*innen wurden Karten mit Fragen eingesammelt, bei 130 Zuhörer*innen im Plenum durchaus verständlich. Auf dem Podium beantworteten dann Planungsdezernentin Zuschke, Radplaner Geibhardt, sowie Grünen-Politiker Norbert Czerwinski die Fragen, sowie der Chef des Ordungs- und Service-Dienstes (OSD) und ein leitender Polizeibeamter.

Die Auswahl der Fragen für die sechs Expert*innen auf dem Podium durch den Moderator und sein Team war etwas unverständlich. Statt: „Welche Sicherheit gibt es für Radfahrer?“ wäre vielleicht die Frage nach der zu kleinen Halteinsel an der Kö/ Graf-Adolf-Straße oder die Frage nach dem fehlenden Radweg am Köbogen einleuchtender gewesen.

Autofahrer müssen umdenken und dürfen nicht auf einem „Gewohnheitsrecht“ bestehen. Czerwinski betonte, dass Autos ja kostenlos im öffentlichen Raum abgestellt werden, und das dann Autos auch in der Stadt geparkt würden. Zuschke forderte – unter lautem Beifall des Publikums – dass in Berlin vom Gesetzgeber der Bußgeldkatalog (etwa fürs Radwegeparken) drastisch erhöht werden müsse. Was übrigens von mehreren großen Städten gefordert wird. Czerwinski erinnerte daran, dass vor 12 Jahren das Gehwegparken erlaubt wurde – 4000 Mal in der Stadt. Wien, mit seiner Initiative des 365-Euro-Tickets für ein Jahr – habe nicht beim ÖPNV angefangen, sondern der Verteuerung von Parkplätzen.

Für die fast 300.000 Pendler in der Stadt müsse eine Kooperation mit Bahn und den umliegenden Gemeinden her.

Einig waren sich Planer und Politiker: Der Widerstand gegen eine dringend nötige Verkehrswende wie teureres Parken, müsse von der Politik aufgehoben werden. Wohl eine optimistische Hoffnung.

Klar wurde auch: Der ÖPNV (Busse und Bahnen) muss sich auf veränderte Mobilität umstellen und unter anderem mehr Mitnahme-Möglichkeiten für Räder und E-Bikes schaffen.

Wenn man die Veranstaltung sehr einseitig, auf zwei Rädern sozusagen, einordnet, bleibt das alles Stückwerk. Allerdings kann die Betrachtung der Stadt-Geschichte und die Schwierigkeit, eine Autostadt zu moderner Mobilität umzubauen, bei der Einordnung auch Vorfahrt haben.

Dass der Bürgerdialog ausgerechnet im angeblich hippen „BouiBoui“ ablaufen musste, mit überflüssigen Lichteffekten, war vielleicht ein Fehlgriff.

(Autor Jo Achim Geschke)

Details zur Radwegeplanung unter

www.duesseldorf.de/radschlag