Schauspielhaus – Diskussion zur Zukunft – Kommentar und Bericht

Schauspielhaus-Diskussion oder : Die Macht des Vorurteils

Von Jo Achim Geschke |

Podium auf der Bühne bei der Diskussion zum Schauspielhaus / Foto Jo Achim Geschke NDOZ.de

Deutlich wurde in der Diskussion am Samstagnachmittag, was Architekt Christoph Ingenhoven und OB Thomas Geisel auf dem Podium auch gegen alle Vorurteile der rund 400 Zuhörer im Central formulierten: Das Schauspielhaus bleibt an seinem Platz, es soll saniert werden, aber jetzt beginnen – dank OB Geisels Vorstoß – die Verhandlungen in mehreren Akten über die Kosten. Hörte man dem profilierungsfreudigen NRW-Staatssekretär auf der Bühne im Central zu, werden es schwierige Verhandlungen mit dem Land …Die Frage bleibt: Was ist den konservativen der CDU und der FDP die Kultur wert? Denn den zu erwartenden Kosten von 20, 25 oder mehr Millionen für eine Sanierung des Hauses, das jahrelang unter CDU/ FDP nicht saniert oder renoviert wurde, steht das irrationale Diktum der „Schuldenfreiheit“ entgegen, was ja eine Sanierung bisher verzögerte und nun sogar verhindern könnte.

Fakt ist: Für die Sanierung der Technik und des Inneren des Baus von 1970 ist das Land finanziell zuständig. Die Stadt müsste eine Sanierung von Dach und Fassade bezahlen. Für diese Kosten braucht es eine Zustimmung der Ratsmehrheit. Der Rat hat sich aber mit CDU und FDP-Mehrheit eine Satzung gegeben, wonach er keine Kredite bei Banken aufnehmen darf. Das wurde in der Diskussion auf dem Podium leider nicht ganz deutlich.

Ich finde diese Diskussionen in der postfaktischen Phase unser absterbenden Demokratie immer sehr erhellend: Jede kann sehen, wie ein gutbürgerliches Publikum (rund 400 Zuhörer) auf eine Falschmeldung (Abriss) reagiert: Mit verfestigten Vorurteilen. Es werden alle Statements, die den angeblichen Abriss ad absurdum führen, schlicht ignoriert. Das Publikum, das bei kritischen Meldungen in der Presse teils sehr skeptisch oder ablehnend reagiert, bleibt nach dieser Falschmeldung ganz aktiv bei seinen Vorurteilen. Der will das abreißen, Ha! An die Laterne, der … nun ja.

Dazu kommt, dass Menschen bei Zeitungsmeldungen ablehnend reagieren, wenn die Meldung gegen ihre Überzeugung geht – aber bei einer solchen Falschmeldung nicht wahrhaben wollen, dass die einem konservativen Wahlkampf entspringt (oder boulevard-mäßiger Übertreibung).

Wie sagte Architekt Christoph Ingenhoven: „Wenn Sie meinen, Sie könnten das alles der Rheinischen Post entnehmen, kann ich Sie nur warnen.“ Der Applaus des Publikums, die „Ohhs“ und die Lacher bei Geisels Ausführungen zeigten aber eindeutig, dass viele Menschen den Ausgang aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit beim Lesen von Zeitungen nicht gefunden haben.

Geisel hat nie gesagt, das Schauspielhaus solle abgerissen werden. Das war eine, wie Geisel formulierte, missverstandene und „voreilige, ich hoffe nicht absichtliche Interpretation“. Gerade Geisel ist ja derjenige, der dem Spardiktat einer verschwurbelten Maxime der „Schuldenfreiheit“ Argumente entgegen setzt: Dass es eben nicht darum geht, hartköpfig auf dem Sparen zu insistieren, sondern zu überlegen: Was wollen wir für die Kultur in Düsseldorf ausgeben, was ist uns die Kultur, in Gestalt des Schauspielhauses wert? Gerade darum wollte er frühzeitig die Diskussion anstoßen, wie viel Geld denn für das Schauspielhaus und seine Sanierung ausgegeben werden sollte. Er hat es formuliert, nicht immer sehr geschickt, aber er rechnet nicht mit der Übermacht einer dominierenden christlich-konservativen Presse, die Formulierungsfehler gnadenlos ausnutzt und auch vor Wahlkampf nicht zurückschreckt.

„Es kann nicht sein“, so Geisel, „dass für dieses Haus, dass in einem beklagenswerten Zustand ist, 55Millionen Euro ausgegeben werden, und man das nach außen nicht sieht.“ Leider wurde in der Diskussion nicht deutlich herausgestellt, dass dieses Haus in den vergangene Jahren gerade von der CDU, die Geisel deswegen angreift, trotz bekannter Mängel nicht saniert wurde.

Intendant Wilfried Schulz, der mitsamt seinem Ensemble unter den Bauarbeiten für den Kö-Bogen II zu leiden hat, argumentierte sehr rational: Das Schauspielhaus werden nun – wegen der Bauarbeiten am Kö-Bogen II und dem Gründgens-Platz – erst 2018 fertig. „Wir können also sinnvoller Weise diese Zeit nutzen, um über eine gute Sanierung nachzudenken.“ Das Schauspielhaus könne ein „Zentrum der Stadtgesellschaft“ sein, so Schulz. Und zu Geisel gewandt: Man sei ja gar nicht weit auseinander. Nun müsse man konkret und systematisch darüber reden, welchen Bedarf es gebe und welche Kosten entstehen könnten. Im Kö-Bogen werde Konsum stattfinden, so Schulz, dann müsse für eine neues Stadtzentrum auf der anderen Seite ein Haus der Kunst stehen. Man solle „einen Denkraum in die Konsumzonen hineinstellen“, das könne gar „ein europäisches Zeichen setzen.“

Schulz, der ja auch für ein großes Ensemble verantwortlich ist, will offensichtlich in Düsseldorf bleiben. Und hier Theater machen können, dass einen demokratischen Dialog, ein gesellschaftliches Nachdenken (Schulz) Raum gibt. Das sollte gelingen – OB Geisel bestätigte den bisherigen Eindruck, er wolle das unterstützen.

Das Haus des Architekten Bernhard Pfau, der in Düsseldorf von konservativen Architektengruppierung (z.B. Tamms) zu Lebzeiten angegriffen wurde, ist in einem beklagenswerten Zustand, so der international gefeierte Architekt Christoph Ingenhoven. Die Fassade könne man sanieren, man könne sie auch mit modernen Materialien neu aufbauen. Das werde aber Schwierigkeiten mit dem Denkmalschutz geben.

Der Staatssekretär Bernd Neuendorf de-profilierte sich durch Statements, die mehr als ein Seitenhieb auf Geisel waren, und der nicht den Eindruck machte, als wolle er mit Geisel gemeinsam den Vorhang hochziehen zu einer erfolgreichen Premiere: Mehr Geld ausgeben für Kultur. Man müsse jetzt über die Zeitschiene und die Kosten verhandeln, sagte Neuendorf. Was die anderen schon betont hatten.

Da es in Düsseldorf eine FDP gibt – von der fast komödiantisch anmutenden CDU im Rat zu schweigen – die auf Schuldenfreiheit insistiert, plus Teilen der Grünen, die ebenso auf dem Mythos „keine Schulden“ beharrten, wird es schwierig in Düsseldorf. Wo sollen in einem Haushalt, der durch immensen Investitionsstau auch bei den Kulturbauten gestresst ist, wo sollen da die Millionen herkommen? Das Land ist für die Technik und die Sanierung im Innern zuständig, aber die Stadt müsste die Sanierung von Fassade und Dach bezahlen. Wie viel das kosten wird? Genaue Zahlen kann es da noch nicht geben, aber es zeichnen sich rund 25 Millionen und vielleicht mehr ab. Wo also kommt das Geld her, wenn CDU, FDP und andere auf der irrationalen „Schuldenfreiheit“ bestehen wollen? Sparvorschläge der CDU bewegen sich ja in atomaren Größe - und verschwinden laut „Heisenberg“, wenn man genau hinsieht.

Bürgeranleihen

Geisel hatte, wie SPD und Grüne im Rat, eine Form der Mit-Finanzierung durch „Bürgeranleihen“ auf die Diskussionsbühne geworfen. Das wurde in der samstäglichen Runde aufgenommen: Wolfgang Reinbacher, lange Jahre Schauspieler im Haus, wollte 100 Euro spenden, schon spendete noch einer 1000 Euro, und Geisel will die 2000 dann verdoppeln. Dass Bürger mit ihrem Geld die Sanierung eines unter CDU/ FDP Stadtratsmehrheit vernachlässigten Hauses mitfinanzieren, ist so ein Auswuchs der marktkonformen Demokratie einer schwarzen Null. Die Bürgeranleihen stoßen aber auf eine gute Resonanz.

(Text Jo Achim Geschke)