Sozialbericht zu Familien - Analyse

Traditionelle Familie adieu – Analyse des Sozialberichts

Von Jo Achim Geschke |

Kinder und Mütter vor Luxusladen Kö / Foto Archiv Jo Achim Geschke für NDOZ.de

Von insgesamt 350.000 Haushalten sind nur 16 Prozent (56.000) Haushalte mit Eltern und Kindern. Jeder fünfte Haushalt besteht aus Alleinerziehenden mit Kind (Zahlen der Stadt, es gibt zudem 54 Prozent Single-Haushalte). Familien im alten traditionellen Sinn gibt es also nur noch sehr wenige : Von den rund 46 Prozent Mehrpersonen-Haushalten nur noch 16 Prozent, die Eltern verheiratet oder auch nicht. Denn Familie wird nicht mehr so verstanden wie in den Adenauer-Zeiten: Heute heißt es „Familie ist da, wo Kinder sind“ im städtischen Sozialbericht Familie, der jetzt vom Statistischen Amt vorgelegt wurde.

Familie wird definiert als Elter-Kind-Gemeinschaft, also ein oder zwei Erwachsene mit einem oder mehr Kindern, sei es allein erziehend, schwule/lesbische  Elternpaare, Patchworkfamilie oder ähnliches. Als Kinder zählen Minderjährige, also unter 18 Jahren.

Nicht ganz nachvollziehen kann man die Formulierung zu Beginn des Berichts, dass in Familien die Kinder erzogen werden, und Familien „sozialen Zusammenhalt“ stiften. Da wird ein Familienbild vorgegeben, dass wohl kaum in allen Familien gelten kann, und es hebt im Kern ab auf eine weiße, deutsche Mittelschicht. Zumal  in wirtschaftlich prekären Verhältnissen – beide Elternteile müssen als Geringverdiener arbeiten, Hartz IV-Empfänger mit geringer Bildung, Mutter allein erziehend, muss arbeiten – kaum noch Zeit und Möglichkeit bleiben, Kindern bei der Schulbildung zu helfen. Es gibt in der Stadt schließlich rund 34.000 „Bedarfsgemeinschaften“, die Hartz IV beziehen. Das Bild in der Werbung, wo Mutter oder Vater dem/ der Kleinen abends vorliest, oder die offensichtlich nur „am Herd“ beschäftigte Mutter die (ungesunde) Milchschnitte an vier fröhlich singende Kindlein verteilt, ist eben nur schöner Schein, aber weit weg von der Wirklichkeit.

Kinder werden heute eher in Kitas zum „sozialen Zusammenhalt“ erzogen, was durchaus in Ordnung ist, oder durch ihre Freundesgruppe in Schule und Freizeit. Und weit mehr durch soziale Netze und Werbung beeinflusst, als manche Pädagogen wahr haben möchten. Was nicht immer in Ordnung sein muss ...

Von den 46 % der Mehrfamilien-Haushalte sind also nur 16 % Familienhaushalte. Auffällig ist – und es bestätigt in Teilen das zuvor gesagte – dass die meisten traditionellen Familien im sehr gut situierten Stadtteil Wittlaer wohnen sowie in Hubbelrath oder auch Himmelgeist. Die wenigsten Haushalte mit Kindern gibt es in der Innenstadt und Friedrichstadt.

Stichwort allein Erziehende & Frauen

Die meisten Alleinerziehenden (zu 90 % Frauen) gibt es in Garath, Flingern-Süd und Flingern-Nord und Reisholz. Der Anteil der alleinerziehenden Mütter ist in schlecht situierten Sozialräumen der Stadt mit mehr als 30 Prozent aller alleinerziehenden Mütter am höchsten.

 Es gibt in Düsseldorf mehr Frauen als Männer, die meisten allerdings ledig (was bei Betrachtung mancher Spezies Mann durchaus verständlich ist). Frauen bekommen heute vor allem im Alter zwischen 31 und 35 Jahren Kinder – 1999 lag das Alter bei 27 bis 33 Jahren. Frauen warten also immer länger, bis sie ein Kind bekommen. Ursachen sind unter anderem die längst nicht ausreichend vorhandene „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“. Rund 6100 Geburten gab es 2013 – rund 30 % davon waren ausländische Mütter, diese Relation ist seit 1999 fast unverändert.

Übrigens waren rund 28 % der Eltern bei der Geburt eines Kindes nicht verheiratet. Menschen heiraten immer später , sowohl Männer wie Frauen. 2013 gab es 2900 Trauungen. 1242 Paare ließen sich scheiden.

Rund 40 Prozent aller Frauen in Düsseldorf – inklusive jene ohne Kinder – leben von eigener Berufstätigkeit. Etwa drei Mal so viele Frauen wie Männer sind teilzeitbeschäftigt (37.169 im Jahr 2014).  Rund jede fünfte Düsseldorfer EinwohnerIn ist ganz oder zeitweise in einer geringfügig entlohnten Beschäftigung, der Anteil der Frauen beträgt allerdings dabei fast 60 Prozent. Bei den ausschließlich geringfügig entlohnten liegt der Anteil der Frauen sogar bei bis zu 71 Prozent im Alter zwischen 25 und 55 Jahren.

In jeder Dritten „Bedarfsgemeinschaft“ nach Sozialgesetzbuch II (in etwa Hartz IV) leben Kinder – heißt: In rund 11.300 der Bedarfsgemeinschaften leben Kinder in einem Hartz IV-Haushalt, davon 5600 bei Alleinerziehenden.

Von wegen mehr Einfamilienhäuser – Stichwort Wohnungen

Wer nun fordert, es müssten mehr Einfamilienhäuser gebaut werden, damit es mehr Familien mit Kindern in der Stadt gibt, sei dringlich an zwei, drei Fakten erinnert:

1) Die Stadt hat gar nicht genug Fläche, um sie für (leider meist eintönig normierte ) Familienhäuschen zu verschwenden.

2) Es fehlen dringend Wohnungen für mehr als 4 Personen (inklusive  Kindern)  - es gab 2014 nur 2,8 Prozent der Haushalte mit mehr als 5 Personen ! Und öffentlich geförderte (Sozial-) Wohnungen) sind kaum noch am Markt.

Und : Heutzutage bleiben viele Menschen nicht Jahrzehnte in derselben Firma – viele wissen daher nicht, ob sie in zehn Jahren noch im gleichen Haus leben werden.

Im Jahr 2013 gab es zwar 44.600  Zuzüge nach Düsseldorf – aber es sind eben auch eben auch 40.500 weg gezogen. Davon nur 7500 ins Umland, den „Speckgürtel“, die meisten aber  ins übrige NRW und ins Ausland. Die Vermutung liegt nahe, dass dies wegen des Jobs geschieht. Die meisten, die aus der Stadt weg ziehen, sind zwischen 30 und 50 Jahre alt – also mitten im Berufsleben.

Fast die Hälfte aller, die nach Düsseldorf zogen, waren zwischen 18 und 30 Jahre alt. Was nicht nur an der Uni liegt, sondern auch an Berufseinsteigern und Auszubildenden.

Nur rund 18 % aller Familien leben in Einfamilienhäusern (Anteil der EFH an allen Wohnungen 8 %) , dagegen leben rund 70 Prozent der Familien in Mehrfamilienhäusern. Nur  3,7 % der von Familien bewohnten Häuser sind im Besitz der Kommune oder kommunalen Wohnungsgesellschaften.  

Allerdings lebt mehr als ein Drittel der Paare mit Kindern in Eigentumswohnungen.  

Übrigens leben fast zwei Drittel der Haushalte, in denen alle Mitglieder des Haushalts  einen „Migrationshintergrund“ haben, in sehr schlecht situierten Sozialräumen. In den vergangenen Jahren scheint also eine „ausgewogene“ soziale Mischung in Vierteln nicht ganz gelungen zu sein.

(Autor  Jo Achim Geschke)

 Der Sozialbericht dokumentiert ausführlich zudem die Versorgung in Kitas, beim Ganztag, Erziehungshilfen, Wohngeld etc.

 Der Bericht kann als pdf-Dokument kostenfrei heruntergeladen werden unter www.duesseldorf.de/statistik  (Aktuelles) oder als gedrucktes Exemplar zum Preis von zehn Euro beim Amt für Statistik  und Wahlen
(E-Mail: statistik@duesseldorf.de) angefordert werden.