Gedenken | Am 27. Juli 2025 gedachte Düsseldorf dem rechtsterroristischen Anschlag am S-Bahnhof Wehrhahn – mit Rundgang, Buchvorstellung und einer bewegenden Kundgebung.
Wehrhahn-Anschlag: 25 Jahre danach – Düsseldorf erinnert mit Gedenkprogramm und stillen Zeichen
Ein deutliches Zeichen auf der Fußgängerbrücke am S-Bahnhof Wehrhahn: „Sie verlassen die Vergessenheit“. Viele Besucherinnen und Besucher nahmen sich Zeit für das stille Erinnern. / Foto: Klaus von Jackelmann
Ein deutliches Zeichen auf der Fußgängerbrücke am S-Bahnhof Wehrhahn: „Sie verlassen die Vergessenheit“. Viele Besucherinnen und Besucher nahmen sich Zeit für das stille Erinnern. / Foto: Klaus von Jackelmann
25 Jahre nach dem Anschlag am S-Bahnhof Wehrhahn stand der 27. Juli 2025 in Düsseldorf ganz im Zeichen der Erinnerung an eines der dunkelsten Kapitel der Stadtgeschichte. Mit einem öffentlichen Programm rund um den Bahnhof an der Ackerstraße wurde an die Opfer des rechtsterroristischen Anschlags von 2000 erinnert. Klaus von Jackelmann war für NDOZ vor Ort und hielt zentrale Momente des Tages fotografisch fest.
Ein Attentat, das nicht vergessen ist
Am 27. Juli 2000 explodierte am Eingang der S-Bahn-Station Wehrhahn eine Rohrbombe. Zwölf Sprachschüler:innen aus der ehemaligen Sowjetunion wurden angegriffen – zehn von ihnen verletzt, eine Frau verlor ihr ungeborenes Kind. Der Täter wurde nie verurteilt, die Tat bleibt bis heute juristisch ungesühnt.
Wer waren die Betroffenen?
Unter den Opfern waren zwölf Sprachschüler:innen aus der ehemaligen Sowjetunion, viele jüdischer Herkunft. Sie waren erst seit kurzem in Düsseldorf und auf dem Weg zum Unterricht. Eine schwangere Frau verlor ihr ungeborenes Kind. Viele der Überlebenden sprechen bis heute nicht öffentlich über das Erlebte. Die Initiative „Wehrhahn erinnern“ setzt sich dafür ein, ihre Geschichten sichtbar zu machen.
„25 Jahre nach dem Anschlag – Kein Vergessen“: Am Zaun der S-Bahnstation erinnerten Türhänger mit Botschaften an die Tat vom 27. Juli 2000 und forderten gesellschaftliches Gedenken. / Foto: Klaus von Jackelmann
„25 Jahre nach dem Anschlag – Kein Vergessen“: Am Zaun der S-Bahnstation erinnerten Türhänger mit Botschaften an die Tat vom 27. Juli 2000 und forderten gesellschaftliches Gedenken. / Foto: Klaus von Jackelmann
Ein Tag des Gedenkens und der Begegnung
Zwischen Mittag und Nachmittag verwandelte sich der Bereich rund um die Fußgängerbrücke am S-Bahnhof Wehrhahn in einen Ort der Auseinandersetzung, des Gedenkens und der Begegnung. Es gab eine Ausstellung studentischer Projekte, Raum für Gespräche und ein gemeinsames Erinnern an jene Menschen, deren Leben durch den Anschlag für immer geprägt wurde.
Am frühen Nachmittag führte der Journalist und Bildungsreferent Jürgen Peters interessierte Besucherinnen und Besucher entlang zentraler Orte des Anschlags. Anschließend wurde das Buch „Und damit kam die Angst …“ vorgestellt – eine Sammlung von Stimmen, Analysen und Perspektiven zum Wehrhahn-Anschlag.
Ein zentraler Moment des Tages war die Gedenkkundgebung auf der Brücke über den Gleisen. Dort hielten Teilnehmende Plakate mit der Aufschrift „Gegen jeden Rassismus und Antisemitismus“. An den Geländern waren rote Blumen, Erinnerungsbotschaften und Informationszettel befestigt. Die nahegelegene Kirche St. Elisabeth war den ganzen Tag über als Raum der Stille geöffnet.
Mit großen Buchstaben positionierten sich Teilnehmende der Gedenkveranstaltung auf der Brücke am Wehrhahn: „Gegen jeden Rassismus & Antisemitismus“ – ein sichtbares Zeichen der Solidarität. / Foto: Klaus von Jackelmann
Mit großen Buchstaben positionierten sich Teilnehmende der Gedenkveranstaltung auf der Brücke am Wehrhahn: „Gegen jeden Rassismus & Antisemitismus“ – ein sichtbares Zeichen der Solidarität. / Foto: Klaus von Jackelmann
Abendveranstaltung mit Ronen Steinke
Den Abschluss des Gedenktags bildete ein Vortrag des Juristen und Journalisten Ronen Steinke im Veranstaltungsraum House of Friends. Steinke, Redakteur der Süddeutschen Zeitung, sprach über die Geschichte rechter Gewalt in Deutschland seit 1945, über die Rolle der Zivilgesellschaft und die Gefährdung demokratischer Strukturen. Dabei griff er auch Inhalte seiner Bücher „Terror gegen Juden“ und „Jura not alone“ auf.
Im Mittelpunkt standen Fragen, die heute hochaktuell sind: Wie stabil ist unsere Demokratie gegenüber einer Übernahme von rechts? Wie lassen sich Menschenrechte weltweit verteidigen? Und wie gelingt es, sich gegenseitig zu ermutigen?
Ein Grußwort sprach Sylvia Löhrmann, Antisemitismusbeauftragte des Landes Nordrhein-Westfalen. Moderiert wurde der Abend von Christine Brinkmann.
Weitere Informationen und Programm
Die Veranstaltung war Teil eines mehrmonatigen Programms rund um den 25. Jahrestag des Anschlags. Eine Übersicht aller geplanten Termine, darunter weitere Rundgänge, Vorträge und Bildungsangebote, ist im offiziellen Programmflyer der Initiative „Wehrhahn erinnern“ (PDF) abrufbar.
Die Aufnahmen von Klaus von Jackelmann dokumentieren eindrucksvoll die stille Würde dieses besonderen Tages – vom Gedenken auf der Brücke bis zu den Zeichen zivilgesellschaftlicher Solidarität.
Gedenken mit einem klaren Schild: „Sie verlassen die Vergessenheit“, mit Annette Klinke BV1, Bezirksbürgermeisterin / Foto: Klaus von Jackelmann
Gedenken mit einem klaren Schild: „Sie verlassen die Vergessenheit“, mit Annette Klinke BV1, Bezirksbürgermeisterin / Foto: Klaus von Jackelmann
Ein deutliches Zeichen auf dem Rücken: Antifaschistische Haltung. / Foto: Klaus von Jackelmann
Ein deutliches Zeichen auf dem Rücken: Antifaschistische Haltung. / Foto: Klaus von Jackelmann
Rote Blumen am Geländer erinnern an die Opfer des Anschlags. / Foto: Klaus von Jackelmann
Rote Blumen am Geländer erinnern an die Opfer des Anschlags. / Foto: Klaus von Jackelmann
Graffiti und bröckelnde Wände – die Kulisse bleibt roh und ehrlich. / Foto: Klaus von Jackelmann
Graffiti und bröckelnde Wände – die Kulisse bleibt roh und ehrlich. / Foto: Klaus von Jackelmann
Begegnung mit der Polizei am Rande der Veranstaltung. Mit Annette Klinke BV1, Bezirksbürgermeisterin / Foto: Klaus von Jackelmann
Begegnung mit der Polizei am Rande der Veranstaltung. Mit Annette Klinke BV1, Bezirksbürgermeisterin / Foto: Klaus von Jackelmann
Still und nachdenklich: Besucherinnen auf der Brücke am S-Bahnhof. / Foto: Klaus von Jackelmann
Still und nachdenklich: Besucherinnen auf der Brücke am S-Bahnhof. / Foto: Klaus von Jackelmann
„Omas gegen Rechts“ – klare Botschaft / Foto: Klaus von Jackelmann
„Omas gegen Rechts“ – klare Botschaft / Foto: Klaus von Jackelmann
Blick von der Brücke – ein unscheinbares Gebäude mit schwerer Geschichte. / Foto: Klaus von Jackelmann
Blick von der Brücke – ein unscheinbares Gebäude mit schwerer Geschichte. / Foto: Klaus von Jackelmann
Unser Fotograf war am 27. Juli 2025 für NDOZ vor Ort. Er hat nicht nur Bilder festgehalten, sondern auch Gedanken formuliert – als Erinnerung an das ungeborene Kind, das beim Anschlag nie zur Welt kam.
Ein Rohrbombe, ein Anschlag, ein Schrei der Angst Hass und Rassismus, ein Feuer, das brennt Ein Kind, das nie leben durfte Ein Leben, das nie begonnen hat
Eine Mutter, die ihr Kind nie im Arm halten durfte Lediglich unter ihrem Herzen, ein kurzer Moment der Hoffnung Doch der Hass, er war zu stark Und das Leben, es wurde nie gelebt
Die Tränen, die nie geweint wurden Die Lächeln, die nie gesehen wurden Das Lachen, das nie gehört wurde Ein Leben, das nie existiert hat
Der Schmerz, der bleibt Die Erinnerung, die nie vergeht Ein Kind, das nie leben durfte Ein Verlust, der nie vergeht.
- Klaus von Jackelmann
Perspektivwechsel: Der Blick auf das Geschehen vom Straßenrand. / Foto: Klaus von Jackelmann
Perspektivwechsel: Ein Zeichen für Fußgänger – doch an diesem Tag könnte es, wenn auch unbeabsichtigt entstanden, als stilles Symbol für das ungeborene Kind gelesen werden. / Foto: Klaus von Jackelmann