Sommernachtstraum der Bürgerbühne - Ein Verwirrspiel nach Shakespeare

Sommernachtstraum der Bürgerbühne mit Jugendlichen: Begeisternde Theater-Magie

Von Jo Achim Geschke |

Sommernachtstraum Svea Hammarlund, Finn Leon Cam / Foto D‘Haus Matthias Horn

„Wir sind eine tolle Truppe!“ skandieren die Jugendlichen Schauspieler. Stimmt genau. Die Premiere des „Sommernachtstraums“ der Bürgerbühne, dargestellt von 13 Jugendlichen zwischen 15 (sic), 17 und 24 Jahren, war ein Theatererlebnis, eine hinreißend gute Inszenierung der Jung-DarstellerInnen aus Düsseldorf. Regisseurin Joanna Praml, die erfolgreich bereits mehrfach mit Laien inszenierte, hat den Sommernachtstraum und die Welt von Jugendlichen zu einer Aufführung verschmolzen, die bestes Theater bietet.

„Ich dreh mich … ich dreh mich … ich dreh mich im Grab“, sagt dumpf und aus dem Nebel heraus schreitend der äußerst talentierte und präsente Finn Leon Cam (21). „Wer bist Du?“ fragt Svea alias Puck, mit 15 Jahren die Jüngste, auch eine der Besten auf der Bühne. „Shakespeare“, kommt es oberhalb der weißen Renaissance-Halskrause zurück. Dabei ist das selbstironisch, und stimmt schon gar nicht: Shakespeare hätte seine helle Freude an dieser Inszenierung seines Verwirrspiels.

Regisseurin Joanna Praml (Regie und Text) hat vor allem die Handwerker-Szenen des „Sommernachtstraum“ genommen und rundherum mit den Jugendlichen Versatzstücke des Verwirrspiels angeordnet. Und das ist als Inszenierung wirklich hervorragend gelungen. Wenn Finn und Zettel am Lagerfeuer im Wald sitzen, dann hinter einem roten Lichtschwert, und eine zerdrückt drapierte Jacke schafft die perfekte Illusion eines Lagerfeuers. Dieses minimalistische Bühnenbild halten Praml und ihr Team durch: Wenig Kostüm, die Jugendlichen sind sie selbst, Umbau mit Tischen und Stühlen reichen durchaus - und immer wieder ist die Bühne voller Zettel. Es ist schließlich der Sommernachtstraum.

Bei Shakespeare treten die Handwerke unter Führung von Zettel damit auf, dass sie ein Bühnenstück einüben, und dieses etwas Chaotische gegen Ende auch aufführen. Die Jugendlichen nehmen sowohl die Vorbereitung zu diesen Szenen, aber auch Zettels Traum (nicht den von Arno Schmidt !) und die Verzauberungen im Wald auf, und daraus entsteht mit Bezug zu ihrer Wirklichkeit das – Verwirrspiel. Die Szenen im Wald - „wir sind hier im Aaper Wald. Ich hab sogar Handy-Empfang“ - zeigen die ironischen Brechungen und Selbstreflektionen der jungen DarstellerInnen. Es geht – wie bei Shakespeare – um Liebe, dem wichtigen Thema im Alter zwischen15 und Anfang 20. Aber das Thema bleibt immer auch ambivalent.

Wenn dann Ali (Ali Dilekci, 17) das Stück in einem schnellen Monolog zusammenfasst, oder Finn mit wenigen Strichen die (dank Verzauberungen) durchaus komplizierten Beziehungen zwischen den Figuren an eine Tafel schreibt – dann zeigt sich die intensive Textarbeit des ganzen Teams.

Aber so einfach ist es eben mit der Liebe nicht : Sophia (Sophia van den Berg, 17) lässt im Monolog vor allen Liebeleien auch die dunklen Zukunftsahnungen von Jugendlichen aufdämmern: „Ich hab geträumt wir leben in einer Eigentumswohnung, wir arbeiten beide in irgendeinem Bürojob, haben viel zu tun, Meetings. Wir sind nur noch zusammen, weil wir daran gewöhnt sind. Wir sind uns nicht mehr nah. Wir streiten nicht, schwiegen und schlucken alles runter. Der Punkt des ersten Verliebtseins ist so weit weg, dass wir uns nicht mehr daran erinnern können.“

 

 

Sie stehen auf der Bühne, vermischen den 400 Jahre alten Klassiker mit ihrem eigenen Leben, mit ihren Unsicherheiten, Hemmungen, mit dem eigenen Verliebtsein. Und taumeln rasend hinein in die Verzauberungen eines Traums, in dem Teile ihre eigenen Lebens aufblitzen. „Es geht um die Magie des Theaters“, postuliert ein Text im Programmheft von Dramaturgin Dorle Trachternach. Diese Zauber zieht die Zuschauer magisch hinein ins Bühnengeschehen.

Gegen Ende des Verwirrspiels fragt Puck Svea den abgeklärten 'Shakespeare' Finn: „Wie kommen wir aus der Nummer wieder raus?“ - „Gar nicht. Das ist das Leben“, antwortet lakonisch Finn.

„Und jetzt ? Jetzt heiraten wir alle, und in 50 Jahren sagen wir: Ja damals …“

Ja, in einigen Jahren können sich die jugendlichen DarstellerInnen an eine hinreißende Aufführung voller Magie erinnnern. Manche der DarstellerInnen, wie Svea Hammarlund, Finn Leon Cam, oder auch „Zettel“ Kevin Galla (24), werden dann vielleicht als gelernte SchauspielerInnen auf der Bühne stehen.

Die ZuschauerInnen der Premiere, zwischen Jung und Älter, werden sich sicher auch noch lange an diese intelligente und mitreißende Inszenierung des Sommernachtstraums der Bürgerbühne im D‘Haus erinnern und die „Magie des Theaters“ mit den jungen DarstellerInnen. Langer, langer Applaus für die SchauspielerInnen und die Regisseurin mit ihrem Team.

Weitere Aufführungen am morgigen Sonntag, 18. Sept., um 18 Uhr, und

am Sonntag, 2. Oktober, 18 Uhr, Central, Kleine Bühne,

Karten und Infos unter www.dhaus.de/programm/a-z/ein-sommernachtstraum/

(Text Jo Achim Geschke)

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Sommernachtstraum Ensemble / Foto D‘Haus Matthias Horn